Braunschweig. Der Braunschweiger Jens Kujawa und der Wolfenbütteler Kai Nürnberger holten vor 25 Jahren den Europameistertitel im eigenen Land.

Ein Pass im letzten Moment auf Christian Welp. Ein krachender Dunking drei Sekunden vor der Schlusssirene. Zwei Punkte. Ein Foul und ein zusätzlicher Freiwurf. Der sitzt. Die deutschen Basketballer sind 1993 sensationell Europameister. Mittendrin ein Braunschweiger und ein Wolfenbütteler. Jens Kujawa und Kai Nürnberger. Das ist 25 Jahre her. Die Mannschaft von damals hat es in alle Winde zerstreut.

Nürnberger lebt mittlerweile im US-Bundesstaat Illinois, Jens Kujawa nimmt sich aktuell eine einjährige berufliche Auszeit und weilt mit seiner Familie im thailändischen Phuket. Beide zu erreichen ist gar nicht so leicht. Während Nürnberger per Mail antwortet, dauert es bei Kujawa eine Weile bis das Telefon bei seinen Arbeitgeber – einem Hamburger Unternehmen für Demografiemanagement – den Anruf weiterleitet und er den Hörer abnimmt.

Beide berichten vom schier unglaublichen Weg des deutschen Teams bei der Heim-EM, die mit einer empfindlichen Niederlage gegen Estland begann. Doch die Mannschaft um Trainer Svetislav Pesic berappelte sich, schaltete Favoriten wie Spanien und Griechenland aus. Und stand überraschend aber verdient am 4. Juli 1993 im Finale in München. Nürnberger fasst das Geheimnis des Erfolgs zusammen: „Wenn alle an einem Strang ziehen und ein verrückter Chef an seine Jungs glaubt, ist vieles möglich.“ Kujawa schwärmt noch heute vom Zusammenhalt.

Sein Schicksal in dieser Geschichte ist ein besonderes. Er rückte zum Wohle des Teams und auf Kosten eigener Spielzeit ins vierte Glied. Hinter den anderen Centern Gunther Behnke, Hans Gnad und eben Christian Welp. Der hatte zuvor sechs Jahre nicht für die Nationalmannschaft gespielt und war dann nicht zum vereinbarten Zeitpunkt im Trainingslager erschienen. Coach Svetislav Pesic tobte, wollte ihn rausschmeißen, ließ aber die Mannschaft entscheiden, ob Welp, der später die siegbringende Aktion herbeiführen sollte, zum Team stoßen darf. „Für den Erfolg habe ich zurückgesteckt“, sagt Kujawa heute ohne Missmut. Und auch Nürnberger meint: „Jeder Spieler gab seinen Teil, um erfolgreich zu sein.“

Beide können sich seither Basketball-Europameister nennen – nie hat eine deutsche Basketballmannschaft einen größeren Triumph erzielt. Den Grundstein für ihre Karrieren legten sie hier in unserer Region. Kujawa spielte sich bei Tura Braunschweig ins Blickfeld. „In meiner Heimatstadt nahm meine Karriere ihren Anfang. Ich habe mich in die Niedersachsenauswahl gekämpft und viele umkämpfte Duelle gegen die etablierte SG gespielt“, erklärt der heute 53-Jährige, der zu seiner aktiven Karriere als wuchtiger Center mit einem guten Mitteldistanz- und einem noch besseren Hakenwurf galt. Ein ganz anderer Spielertyp war Nürnberger. Mit 1,84 Metern ist der Wolfenbütteler für einen Basketballer nicht besonders groß. „Ich war kräftig, mit Spielwitz. Ich konnte selber Körbe erzielen, oder auch meine Mitspieler in Szene setzen“, beschreibt der 52-Jährige.

Letzteres stellte er in der entscheidenden Phase des Finales gegen Russland unter Beweis. Kujawa zitterte von der Bank am Spielfeldrand mit. „Es war kein Spielzug, der eingeübt war, sondern einer, der intuitiv geschah. Kai hat richtig entschieden“, erinnert sich der gebürtige Braunschweiger. Gemeint ist freilich Nürnbergers mutiger Antritt und das Zuspiel auf Matchwinner Welp. Doch Nürnberger winkt trotz der Bedeutungsschwere seiner Aktion ab: „Solche Aktionen, ob ich werfe oder passe, kommen im Spiel oft vor. Ich hatte das Quäntchen Glück, im richtigen Moment die richtige Entscheidung zu treffen.“ Ein krachender Dunking Zwei Punkte. Ein Foul und ein zusätzlicher Freiwurf. Der Rest ist Geschichte.