Braunschweig. Die Braunschweiger Footballer nutzen im Spitzenspiel mit dem Emporkömmling Fehler gnadenlos aus.

Immer wieder beteuern die Protagonisten, dass es etwas ganz Besonderes ist, wenn man als Footballer zum ersten Mal in Braunschweig spielt, im Eintracht-Stadion, wie sie behaupten in der besten Arena mit dem besten Publikum für diesen Sport in ganz Deutschland – und damit gleichbedeutend wohl auch in ganz Europa.

Solche Superlative geben normalerweise allerdings nur Akteure von sich, wenn sie für die Lions auf dem Feld stehen. Normalerweise. Denn meistens werden die Gäste ordentlich durchgeschüttelt auf dem „heiligen“ Rasen des deutschen Rekordmeisters, des Eurobowl-Rekordsiegers – und mit deftigen Niederlagen nach Hause geschickt.

So ähnlich erging es auch den Potsdam Royals am Sonntagnachmittag bei ihrer Premiere im Eintracht-Stadion. Aber trotz der keineswegs einkalkulierten 14:45-Niederlage wollte Potsdams Cheftrainer Michael Vogt kein bisschen von seinen sehr positiven Eindrücken abweichen. „Das ist ein tolles Stadion, eine tolle Atmosphäre, in der man sehr gern Football spielt.“

Dann war es aber auch für ihn vorbei mit dem Lob. „Unsere ganze Vorbereitungswoche war richtiger Murks. Und das gipfelte dann darin, dass wir heute den Popo mal richtig vollbekommen haben“, sagte Vogt.

Es war ein Tag, an dem die Braunschweiger passend zum Wetter stets auf der Sonnenseite standen, fast egal, was sie anpackten. Und das ging so los: In kürzester Zeit stoppte die Lions-Abwehr den Gäste-Angriff. Dann trat der Braunschweiger Angriff auf den Plan.

Erster Versuch: Trickspielzug mit Pass von Quarterback Jadrian Clark auf Nikolai Schumann in der Potsdamer Endzone. Doch der Lions-Ballfänger konnte den Ball, hart attackiert von zwei Gegnern, nicht festhalten. Dritter Versuch: Zehn-Meter-Pass erneut auf Schumann, und der läuft mit den Ball nach einer schönen Körpertäuschung über weitere 33 Meter bis in die Endzone. Touchdown Lions, 7:0. Erst 44 Sekunden war das Spiel alt. Ein perfekter Auftakt nach zwei Fehlstarts in den vergangenen beiden Partien. Und zum ersten Mal waren die 3418 Zuschauer an diesem Nachmittag aus dem Häuschen.

Die Gäste, die Aufsteiger, die diese Saison schon für soviel Furore gesorgt hatten, antworteten schnell und gekonnt. Gleich der nächste Angriff war von Erfolg gekrönt, Pass und Lauf über 73 Meter.­ 7:7 nach 2:04 Minuten. Was für ein Spitzenspiel!

Fortan wurde es immer besser. Allerdings nur für die Lions. Als sich die Gäste nach ihrem 7:14-Rückstand anschickten, wieder auszugleichen, unterlief Potsdams Spielmacher David Austin Gahafer ein übler Ballverlust, warf genau in die Arme des Lions-Verteidigers Darius Robinson, und der trug den Ball über 70 Meter zurück in die Endzone der Royals zum 21:7 aus Lions-Sicht. Vielleicht war dies schon der Knackpunkt des Spiels. Denn vor allem eines fehlt den Brandenburgern noch erheblich: Erfahrung. Denn als souveräner Zweitliga-Meister und Bundesliga-Relegationssieger gegen Berlin Adler sind ihnen hoch überlegene Gegner weithin fremd. Die Lions waren solch ein Kontrahent, erhöhten noch bis zum Viertelende auf 28:7 und bis zur Halbzeitpause auf 35:7 und spielten dann die Partie relativ locker zu Ende.

„Wir haben viele kleine Fehler gemacht. Das hat den Unterschied ausgemacht“, sagte Potsdams Ballfänger Max Zimmermann und fügte hinzu: „Wir sind weit unter unserem Potenzial geblieben. Und irgendwann verliert man gegen Teams wie die Lions dann zwangsläufig den Anschluss.“ Die Potsdamer haben im deutschen Oberhaus bewiesen, dass sie nie aufgeben, sogar schon die Berlin Rebels besiegt, denen sogar die Lions unterlegen waren. Und immer, auch bei Niederlagen etwa gegen Dresden, haben die Royals hoch gepunktet. In Braunschweig nicht, was auch ein Verdienst der Lions-Abwehr war. Hervorragend eingestellt auf den Gegner und vor allem auf dessen Topleute, kamen die Stärken der Potsdamer fast nie zur Geltung. Das lag auch daran, dass die Lions-Abwehr vier Ballverluste provozierte und in der Folge gnadenlos zu eigenen Punkten ausnutzte.

Es sieht so aus, als hätten die Braunschweiger das kleine Tief, das sie in den vergangenen Wochen quälte, überwunden. „Ich bin sehr zufrieden, dass wir gegen einen starken Gegner gewonnen haben. Aber perfekt war das nicht“, vermischte Lions-Trainer Troy Tomlin Lob und Tadel. Die Ansprüche sind halt auch sehr hoch, wenn man gewohnt ist, im besten Stadion vor den besten Fans zu spielen.