Düsseldorf. Bundestrainer Löw hält Neuer, Götze, Reus und Schürrle aber die WM-Tür offen.

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Irgendwie war alles wie immer. Joachim Löw saß am Donnerstag entspannt im Scheinwerferlicht auf dem Podium, trank einen Espresso, sah gut aus und sagte Sätze, die die Situation gut beschreiben: „Ich bin jetzt ja auch schon lange dabei.“ Doch eines war dann doch ganz anders bei der ersten Pressekonferenz des Bundestrainers im WM-Jahr 2018. Hatte Löw in der Vergangenheit einem verdienten Spieler bisweilen noch Sonderrechte eingeräumt, ist damit jetzt Schluss. Selbst wenn der verdiente Spieler Manuel Neuer heißt.

„Wenn ein Spieler in der WM-Vorbereitung keine Rolle spielen kann, ist es schwierig, ihn zu nominieren“, sagte der 58-Jährige, als er gefragt wurde, ob er den lange verletzten Nationalmannschaftskapitän auch mit nach Russland nehmen würde, wenn dieser zunächst noch angeschlagen wäre. Bei Bastian Schweinsteiger hatte Löw das vor der EM 2012 anders gehandhabt. Bei der WM 2014 war Löw sogar bereit, auf Schweinsteiger und Sami Khedira zu warten, die nach Verletzungen erst während des Turniers fit wurden. 2018 müssen für die Mission Titelverteidigung nun wirklich alle 23 nominierten Profis in Hochform sein, denn da werde „uns Unmenschliches abverlangt“, so Löw. Dass Neuer rechtzeitig fit wird, hält er aber für realistisch: „Manuel liegt absolut im Fahrplan“, sagte Löw.

Ein verdienter Spieler ist auch Mario Götze. Den Finaltorschützen von Rio allerdings berief Löw nicht für die beiden letzten Testspiele gegen Spanien an diesem Freitag (20.45 Uhr/ARD) und Brasilien am Dienstag in Berlin.

„Mit Mario habe ich gesprochen. Er hatte nicht die Form, die wir uns vorstellen“, sagte der Bundestrainer. Die Tür zur WM für den 25-Jährigen aber hält er weiterhin offen: „Er ist keineswegs abgeschrieben“, sagte Löw und wollte das auch für zwei Teamkollegen Götzes in Dortmund verstanden wissen: Marco Reus und Andé Schürrle.

Auf Reus gegen Spanien und Brasilien zu verzichten, habe rein strategische Gründe gehabt. Der lange verletzte Angreifer soll behutsam herangeführt werden. Schürrle dagegen, Götzes Finalvorlagengeber gegen Argentinien 2014, war eigentlich schon jenseits aller WM-Chancen. Doch nach zuletzt beherzten Auftritten für den BVB macht Löw nun auch ihm Mut: „Schürrle ist nach wie vor ein Thema für uns für die WM.“

Gegen Spanien wird Löw auf das bewährte Gerüst aus Jerome Boateng und Mats Hummels in der Abwehr, Toni Kroos, Mesut Özil und Thomas Müller im Mittelfeld setzen. Gegen den Weltmeister von 2010 und Brasilien am Dienstag sollen auch Mario Gomez und Sandro Wagner Einsatzminuten erhalten. „Beide sind in Form, haben Selbstvertrauen“, sagte Löw. Dass nur Platz für einen von beiden Stoßstürmern im WM-Kader sei, stimme nicht, sagte Löw: „Es kann auch sein, dass beide dabei sind.“ Wahrscheinlich ist das aber nicht.

Dass Löw nicht wie in der Vergangenheit Kompromisse eingeht, wenn es um angeschlagene Spieler geht, hat auch mit einer Entwicklung im deutschen Fußball zu tun: In seiner nunmehr bald zwölf Jahre langen Arbeit als Bundestrainer hatte Löw nie eine solche pralle Auswahl an Topspielern wie jetzt. Der Gewinn des Confed Cups 2017 mit einer B-Elf hat auf dieses Konto eingezahlt. Exemplarisch steht Marc-André ter Stegen. Der Torwart sei beim FC Barcelona „zu einer Persönlichkeit geworden“ und habe einen „Reifeprozess“ durchlaufen, so Löw. Sollte Neuer tatsächlich nicht nominierbar sein, könnte ter Stegen ihn würdig vertreten. Der 25-Jährige ist selbstbewusst genug, das auch so zu sehen. Am Donnerstag aber schickte er erst einmal nette Worte an Manuel Neuer: „Wir wünschen ihm alle die Gesundheit, die er braucht. Ich habe absoluten Respekt vor dem, was er für Deutschland geleistet hat.“