Leipzig. Marcel Halstenberg steht vor seinem Debüt für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Als Joachim Löw anrief, ging er erst nicht ans Telefon.

Marcel Halstenberg hätte es schlechter treffen können. Spiele gegen Malta, Kasachstan oder die Färöer. Ist ja immer möglich, wenn Joachim Löw Debütanten in seinen Kader beruft, die nicht ohne Risiko sind. Marcel Halstenberg ist noch nie Spieler des DFB gewesen.

Aber so: Test gegen England am Freitag, vier Tage später gegen Frankreich. Löw selbst hatte angerufen bei dem Linksverteidiger von RB Leipzig, der die Nummer nicht kannte, den Anruf ignorierte und erst im Kontakt mit seiner Mailbox merkte, dass der Bundestrainer „draufgequatscht hat“. Halstenberg rief zurück, Löw „hat viel geredet, ich habe einfach nur zugehört. Im ersten Moment war ich sprachlos.“

Es ging immer weiter aufwärts

Halstenberg ist kein Talent mehr, dafür ist er mit 26 Jahren zu alt. Er war schon 18, da spielte er noch in der zweiten Mannschaft bei seinem Heimatverein Hannover 96, 4. Liga. Er war 19, da wechselte er zur Zweiten von Borussia Dortmund, 3. Liga. Er war 21, als es in die 2.Liga hinaufging – immerhin: St. Pauli lockte.

RB Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick erkannte 2015 Halstenbergs Talente und befand: Aus dem kann man mehr machen. Also holte er ihn für die St.-Pauli-Rekordtransfersumme von 3,5 Millionen Euro.

Halstenberg stieg 2016 mit Leipzig auf, 2017 folgte die Vizemeisterschaft, jetzt bekommt er den Feinschliff in der Champions League. Sein Debütant habe dort bewiesen, „dass er auf internationalem Niveau mithalten kann“, sagte Löw zu Halstenbergs Nominierung. „Wir haben nun die Gelegenheit, ihn gegen starke Gegner zu testen.“

Löw weiß: Geeignetes Personal für die Position hinten links ist selten zu finden. Jonas Hector vom 1. FC Köln kuriert gerade einen Syndesmosebandriss aus. Halstenbergs Konkurrent Marvin Plattenhardt (Hertha BSC) hat schon vier Länderspiele Vorsprung. Dennoch: Der stete Aufstieg des Marcel Halstenberg muss noch nicht beendet sein.