Braunschweig. . Daniel Werra verbringt einen Großteil seiner Freizeit beim Kitesurfen. Dabei gleitet er an einem Schirm über das Wasser – oder schwebt darüber.

Beinahe sieben Meter hoch segelt Daniel Werra in der Luft. Unter ihm schäumt noch die Gischt als Überbleibsel seines Absprungs auf der Wasseroberfläche. Festgeschnallt ist der Braunschweiger an einer Schnur, die in die Seitenenden eines großen Schirms mündet. Daniel Werra ist Kitesurfer. Im Jahr 2012 kam er bei einem Besuch auf Rügen zufällig mit dieser Sportart in Berührung. Der Bekannte eines Freundes arbeitete dort als Kitesurf-Lehrer. „Als wir dann da waren, herrschte ganz guter Wind und dann sagte er, wir sollten das auch einmal ausprobieren. Danach hatte ich Blut geleckt“, sagt Werra. Wie beim Windsurfen stehen Kitesurfer auf einem Brett. Der Wind sorgt für den Vortrieb. Nur fängt kein Segel, das am Brett befestigt ist, die Böen auf, sondern einen Schirm, der hoch oben in der Luft hängt und an einen übergroßen Lenkdrachen erinnert.

Kiten geht auch bei Schnee

Seit dem Besuch auf Rügen verbringt der 32-Jährige einen Großteil seiner Freizeit auf dem kleinen Brett, das ihn von der Wasseroberfläche trennt. Etwa zehn bis 15 Mal packt er seine Ausrüstung ein und macht sich mit Gleichgesinnten auf den Weg in Richtung Küste. Oft sind die Touren spontan. Klar, der Wind lässt sich schließlich nicht bestellen. Gefahren wird stilecht im Bulli – geschlafen auch. Selbst im Winter hat sich Werra schon aufs Wasser gewagt: „Anfang des Jahres waren wir bei Minusgraden draußen. Da hat es sogar geschneit.“

Am besten eignet sich aber die Zeit zwischen März und Dezember zum Kitesurfen – zumindest in Deutschland. Wenn es hier zu kalt wird, geht es eben ins Ausland. Die 70 bis 100 Euro zum Einchecken des Sportgepäcks sind es dem Braunschweiger wert. Gut, der Flug muss auch noch bezahlt werden. Aber das ist in Ordnung, wenn nach der Tortur viel zu enger Sitzreihen im Flugzeug und der nervigen Wartezeit an der Gepäckausgabe Sonnenschein und optimale Bedingungen entschädigen – in Brasilien zum Beispiel. Da war Daniel Werra in den letzte drei Jahren drei Mal. „Brasilien ist das Nonplusultra für Kitesurfer. Da landet man zwangsläufig irgendwann.“ Aber auch in Ägypten und Spanien ließ er sich schon über das Wasser ziehen – wenn denn Wind herrschte: „In Ägypten hatte ich Trips, bei denen wir nur einen Tag aufs Wasser konnten.“

Kitesurfen: An der Schnur übers Wasser gleiten

ecsImgIMG_7480-2078222220484791388.jpg
IMG_8698.png
GOPR0981.jpg
IMG_3370.jpg
IMG_3593.jpg
IMG_3640.jpg
IMG_3643.jpg
IMG_3869.jpg
IMG_3873.jpg
IMG_3942.jpg
IMG_4195.jpg
IMG_4316.jpg
IMG_4350.jpg
IMG_4733.jpg
IMG_4734.jpg
IMG_5806.jpg
IMG_5865.jpg
P1010955.jpg
P1010991.jpg
P1020218.jpg
P1020244.jpg
P1020270.jpg
P1020327.jpg
P1020329.jpg
P1020331.jpg
P1020571.jpg
P1020803.jpg
P1020804.jpg
P1020812.jpg
PHOTO-2018-04-14-23-41-07.jpg
PHOTO-2018-08-26-19-50-26.jpg
PHOTO-2018-08-26-19-58-23.jpg
PHOTO-2018-08-26-19-58-23-1.jpg
PHOTO-2018-08-26-19-58-23-2.jpg
PHOTO-2018-08-26-20-18-21.jpg
PHOTO-2018-08-26-20-18-22.jpg
PHOTO-2018-08-26-20-18-23.jpg
ecsImgIMG_3391-1188201526838286270.jpg
ecsImgIMG_7475-2794019609319553310.jpg
ecsImgIMG_7476-8074955391364840692.jpg
ecsImgDSC_0240-1864480155336421426.jpg
1/41

Die Ausrüstung hat ihren Preis

Wie gesagt: Das zum Kitesurfen so essenzielle Element bläst nicht etwa auf Zuruf. Genauso wenig ist seine Stärke kontrollierbar. Auch wenn Werra seinen Sport als weitgehend sicher bezeichnet, gibt es klare Tabus. „Bei ablandigem Wind etwa, also wenn der Wind von der Küste wegbläst, sollte man nicht Kiten gehen.“ Dann nämlich drücken die Böen den Schirm aufs offene Meer – und den Kitesurfer gleich mit. Dieses Wissen gehört zum Einmaleins des Kitesurfens, will daher früh gelernt werden. Daniel Werra hat nach seiner Zufalls-Kostprobe auf Rügen einen Kurs belegt, um den Sport und das Sportgerät beherrschen zu lernen. Apropos Sportgerät: Als er der Grundlagen des Kitesurfens kundig war, legte sich Werra zügig eine eigene Ausrüstung zu. Klar, den ganzen Kram ständig zu mieten, nervt auf Dauer. Gut, ganz billig ist das nicht. „Aber wenn man den Sport regelmäßig ausüben will, ist es immer noch günstiger als sich das Zubehör immer wieder zu leihen.“ Rund 3000 Euro hat er zunächst hingeblättert. Dafür bekommt man eine Anfänger-Ausrüstung. Dazu gehören in der Regel zwei Schirme, ein Board und die sogenannte Bar – das ist die Lenkstange, über die der Surfer auch die Geschwindigkeit regeln kann. Außerdem ein Hüft-Trapez, das in etwa so aussieht wie ein überdimensionierter Gewichthebergürtel. Darin ist die Bar eingeklinkt. Und auch die Schnüre, die von der Bar zum Schirm führen, sind für den Preis noch drin.

Diagnose: Kniescheibenbruch

Werras kleinster Schirm misst übrigens schon sieben Quadratmeter. Bei dieser Angriffsfläche zerrt der Wind schon an den Schnüren. Und wie bei anderen Sportarten auch, hockt beim Kitesurfen die Verletzungsgefahr mit auf dem Brett. Der schlimmste Unfall, den Daniel Werra bislang beobachtet hat? „Ein Kumpel ist zu nah an Land gekitet. Bei einem Sprung wurde er dann zur Seite gezogen und ist auf einem Steinwall gelandet.“ Das Ergebnis: eine gebrochene Kniescheibe. Werra selbst hat sich nur einmal einen Bänderriss zugezogen – beim sogenannten Handwash. Das ist ein Trick, bei dem der Surfer seinen Schirm herumreißt, um eine Wende zu fahren. Das Brett steigt dabei in die Luft, nur eine Hand streift über die Wasseroberfläche. „Mir ist die Spitze des Bretts im Wasser hängengeblieben und ich habe mir den Fuß verdreht.“ Das ist aber halb so wild. Vom Fußball etwa hat er schon viel schlimmere Verletzungen davongetragen – inklusive drei Knieoperationen.

Respekt hat er trotzdem: „Den sollte man immer haben. Aber die Angst sollte man ablegen.“ Nur so gelingt auch der eine oder andere Trick auf beziehungsweise über dem Wasser. Nur so lassen sich die Profis bis zu beinahe 30 Meter in die Luft ziehen. Und nur so schaffte es Daniel Werra einmal immerhin in einer Höhe von 6,9 Meter zu gleiten. Präzise gemessen mit einem speziellen Sensor für Kitesurfer – und das alles durch einen zufälligen Besuch auf Rügen.