S alzgitter-Bad. Der 88-jährige Friedrich Piskulla schreibt seine Erinnerungen an seine Jugend zur Zeit des Zweiten Weltkrieges auf. Der Großteil der Geschichten spielt in Salzgitter-Bad – heute wohnt Piskulla in Lebenstedt.

Es war noch während der Besatzungszeit der US-Armee in Salzgitter. Wir alle wussten, dass auf „normalen“ Wege nichts mehr in den Läden zu kaufen war. Jeder versuchte, einen Wertgegenstand in etwas Essbares umzutauschen. Wir haben bald herausgefunden, dass die schwarzen amerikanischen Soldaten keine kämpfenden Soldaten waren. Keiner von ihnen trug eine Waffe oder besaß einen militärischen Rang. Es waren meistens Lastwagenfahrer oder „Boys“ der kämpfenden Truppe. Wir hörten, dass mit Ihnen gute Geschäfte zu machen waren. Beliebt war der Tausch von Alkohol gegen US-Zigaretten. Viele Deutsche haben schwarz Alkohol gebrannt und verkauften, beziehungsweise tauschten ihn gegen Zigaretten. So ging eine Flasche Branntwein mit 38 Prozent gegen eine Stange Lucky Strike über den Tisch. Den Tausch vollzogen wir. Jungs Es war für uns ein gutes Geschäft. Es gab aber auch „Geschäfte“ solcher Art, in der die Flasche „Branntwein“ nur Teewasser enthielt. Unsere Geschäfte machten wir so:. Dem Käufer und dem Verkäufer trennte ein zwei Meter hoher Drahtzaun. Über diesen Zaun wurde die Flasche gereicht, mit der anderen Hand wurde die Stange Zigaretten entgegengenommen. Solange die Ware echt war, war alles ok – und bei uns war immer alles ok, außer vielleicht der Tee. Na ja, unsere Käufer merkten bald die Teemasche und so endete der Tausch. Wir blieben trotzdem findig in unseren Methoden. So standen wir einmal auf der Straße und spielten, meist standen wir in Gruppen von Jungen und Mädchen. Plötzlich fuhr ein amerikanischer Jeep die Straße hoch. Der schwarze Fahrer hatte seinen Leutnant irgendwo abgesetzt und wollte sich nun selbst die Zeit vertreiben. Er blieb bei unserer Gruppe stehen und schaute mit lachendem Gesicht zu uns! Natürlich interessierten ihn die jungen Mädchen in unserer Clique. Es begann sofort ein Gespräch „Hallo und how do you do?!“ Unsere Mädels konnten alle schon so viel Englisch, um sich mit den Ami Boys zu unterhalten, da sie auf die Handelsschule gingen.

Wir inspizieren dagegen seinen Jeep. Auf dem hinteren Sitz entdeckten wir einen Kanister, der unser Interesse weckte. Eine Banderole verriet den Inhalt. „Coffee“. In dem Moment, als der „Boy“ weiterfahren wollten, begleitet von frohen Gelächter der Mädchen, griff mein Freund nach dem Kanister mit dem wertvollen Inhalt, stellte ihn auf den Boden und setzte sich drauf. Ich schirmte ihn ab und in dem Moment fuhr der Jeep los. Alle standen um unseren Kanister in Erwartung was wohl wirklich drin war. Und tatsächlich: Es war echter, gemahlener Kaffee, etwa zehn Kilo! Alle bekamen einen Teil und die Freude war riesig. Zu unserer Verteidigung: Wir alle waren seit langem nicht mehr satt. Eigentlich dachten wir nur ans Essen. Heute weiß ich das Sprichwort zu definieren: Erst kommt der Magen – dann die Moral. Aber damals kannten wir solche Sprüche nicht. Für den Kaffee wurde so manches Kilo Kartoffel oder ähnliches eingetauscht. Auf eine echte Tasse Kaffee war damals jeder erpicht. Und die „US-Army“ ist davon nicht Pleite gegangen. Es gab Schlimmeres. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie zwei Amerikaner nach kurzer Beratung einen liegengebliebenen Jeep einfach verbrannt haben. Tja, alles ist relativ.