Hannover. Niedersachsens Umweltministerium sieht keinen Grund, die Genehmigung von 2002 aufzuheben. Das aber wollen die Gegner des Endlagers.

Auch ein „Offener Brief“ von den Hauptverwaltungsbeamten der Region an den Minister änderte nichts mehr: Niedersachsens Umweltministerium wird dem Begehren von Umweltverbänden und Konrad-Gegnern nicht folgen, die Genehmigung des Endlagers aus dem Jahr 2002 aufzuheben. „Die Prüfung war eine rein rechtliche“, betonte Umweltminister Christian Meyer (Grüne) am Dienstag in Hannover.

Meyer erläuterte im Ministerium die Position seines Hauses zu dem Antrag der Verbände. Darüber noch 2023 zu entscheiden, hatte der Grünen-Politiker zugesichert. „Es ist kein Blankoscheck für die Sicherheit“, sagte Meyer. Verbände und Konrad-Gegner zeigten sich „enttäuscht“. Frank Klingebiel (CDU), Oberbürgermeister der Stadt Salzgitter, erklärte: „Der Rat der Stadt Salzgitter hat schon vor drei Jahren beschlossen, juristische Schritte gegen einen ablehnenden Bescheid des Ministers politisch und finanziell zu unterstützen. Es ist bedauerlich, dass wir diese Karte jetzt wohl ziehen müssen, aber wir sind gerüstet. Und wir wissen, dass die ganze Region zwischen Harz und Heide hinter uns steht.“

Gegner: Projekt Schacht Konrad entsprach schon damals nicht dem Stand der Wissenschaft und Technik

Im Mai 2021 hatten der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sowie der Naturschutzbund (Nabu) einen Antrag auf Rücknahme oder Widerruf des Konrad-Planfeststellungsbeschlusses beim Ministerium eingereicht. Beteiligt ist auch das Salzgitteraner Bündnis gegen Schacht Konrad. Das Landesumweltministerium war 2002 Genehmigungsbehörde für „Konrad“.

„Die Anlage entspricht weder dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik noch den Anforderungen, die an den Nachweis der Langzeitsicherheit zu stellen sind. Ohne einen solchen Nachweis darf ein Endlager nicht betrieben werden“, erklärten seinerzeit die Hamburger Anwälte, die die Umweltverbände in Sachen Konrad vertreten, Michéle John und Ulrich Wollenteit. Selbst zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses habe das Projekt nicht dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik entsprochen, hieß es.

Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel zur Genehmigung von Schacht Konrad

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    Umweltminister Meyer zu Schacht Konrad: „An unserer kritischen politischen Haltung ändert das nichts“

    In der Mitteilung des Umweltministeriums heißt es dagegen nun, die Anträge auf Widerruf der Genehmigung, Rücknahme der Genehmigung und Baustopp würden „nach umfangreicher Prüfung vorläufig abgelehnt“. Dabei handele es sich um eine rein rechtliche Prüfung eines Verwaltungsvorgangs.

    „An unserer kritischen politischen Haltung zum Endlager Konrad ändert das nichts“, sagte Meyer. Er verwies auch auf die laufende Sicherheitsüberprüfung des Betreibers. Eine Rücknahme der Genehmigung war laut Ministerium aus Fristgründen nicht möglich. Auch der Antrag auf Widerruf sei abzulehnen gewesen, da nur wesentliche Änderungen an den Planungen und das Bekanntwerden neuer Tatsachen geprüft werden konnten. Den Antragstellern wird nun eine achtwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt, erst danach folgt dann der endgültige Bescheid.

    SPD und Grüne: „Schacht Konrad wird von uns kritisch gesehen“

    Meyers Amtsvorgänger Olaf Lies (SPD) hatte im Oktober 2021 am Rande einer Sitzung erklärt, es werde vermutlich „mindestens zwei Jahre“ dauern, bis sein Haus Anträge auf Rücknahme des Konrad-Planfeststellungsbeschlusses abschließend geprüft habe. 2018 hatte sich Lies bei einem Besuch in „Konrad“ noch klar hinter die Konzeption des Endlagers gestellt. „Konrad wird fertiggestellt“, sagte Lies damals unter Tage, er halte das Konzept der Einlagerung für klug.

    „Der Bau des Endlagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle, Schacht Konrad, wird von uns kritisch gesehen“, hieß es dann aber Ende 2022 im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen in Niedersachsen für die laufende Legislaturperiode 2022 bis 2027.

    Blick ins Endlager Schacht Konrad in Salzgitter

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      Atommüll-Endlager: Umweltminister fordert erneut, die Entscheidung für Konrad zu überdenken

      Meyer forderte am Dienstag erneut, die Entscheidung für Konrad zu überdenken. Konrad ist das erste nach Atomrecht genehmigte Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Deutschland. Die zur Einlagerung vorgesehenen radioaktiven Abfälle stammen laut BGE-Webseite zum überwiegenden Teil aus Kernkraftwerken und der kerntechnischen Industrie.

      „Zu Beginn der 2030er Jahre soll die Einlagerung von bis zu 303.000 Kubikmetern schwach- und mittelradioaktiver Abfälle beginnen“, heißt es in der Beschreibung des Projekts bei der BGE weiter. In einer Erklärung des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) hieß es am Dienstag: „Dem BASE liegen als atomrechtliche Aufsicht keine Hinweise auf Sicherheitsdefizite bei Schacht Konrad vor.“ Fachlich sei die Entscheidung des Landes Niedersachsen daher folgerichtig. Präsident Wolfram König betont: „Wer ein Aus des Endlagers Konrad aus politischen Gründen fordert, muss sich auch der Frage stellen, wo die dauerhafte sichere Endlagerung der schwach- und mittelradioaktiven Abfälle in Deutschland in einem vertretbaren Zeitraum erfolgen soll.“

      Aus der Region dagegen kommen Forderungen nach einem komplett neuen Endlagerkonzept unter Aufgabe Konrads. Auch Meyer betonte, dass ohnehin weitere Endlager gebraucht würden. Victor Perli, Bundestagsabgeordneter der Linken aus dem Wahlkreis Salzgitter-Wolfenbüttel, erklärte: „Die rot-grüne Landesregierung akzeptiert ein minderwertiges Endlager, um dem Bund eine neue Standortsuche zu ersparen. Das Prinzip ‚Hauptsache es gibt überhaupt ein Endlager, ist verantwortungslos.