Lichtenberg. Die Glocke wird nach mittelalterlicher Handwerkskunst am 1. Oktober vor Ort gegossen. Wie genau das funktioniert, lesen Sie hier.

Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde St. Petrus in Lichtenberg bekommt am 1. Oktober eine neue Kirchenglocke. Die Besonderheit an dem Projekt: Die Glocke wird nach traditioneller Handwerkskunst vor Ort gegossen, wie es im Mittelalter üblich war. Schon lange bestand nach Angaben der Gemeinde der Wunsch, für den Friedhof einen Glockenturm zu errichten. Dieser liegt in weiterer Entfernung zur Kirche, und das Geläut der Kirchenglocken auf dem Friedhof ist akustisch momentan nur schwer wahrnehmbar. „Der Vor-Ort-Glockenguss ist der erste dieser Art innerhalb der Landeskirche Braunschweig“, erklärt Glockensachverständiger Sebastian Warmsiedler. „Das wird sich so schnell nicht wiederholen.“ Üblicherweise werden Kirchenglocken heute nur noch in Glockengießereien hergestellt. Im Mittelalter zogen Glockengießer von Ort zu Ort. Dies hatte vor allem mit der Größe der Glocken zu tun, die nicht über weitere Strecken transportiert werden konnten. So wurden etwa die Braunschweiger Domglocken 1502 direkt auf dem Burgplatz neben dem Dom gegossen.

So wird die Glocke gegossen

Da Glockenneugüsse heutzutage nur noch selten vorkommen, möchte die Kirchengemeinde dieses besondere Ereignis gebührend feiern und hat sich entschlossen, den Glockenguss wie im Mittelalter an Ort und Stelle durchführen zu lassen. Der Guss wird von der Glockengießerei Schmitt aus der Eifel ausgeführt. Dazu wird direkt an der Kirche St. Petrus in der Kornstraße eine Gussgrube ausgehoben und die Glockenform in dieser eingegraben, damit die Form dem Druck des flüssigen, circa 1150 Grad heißen Metalls standhält. Zudem wird auf dem Gelände ein Gussofen aufgemauert, in dem die Glockenbronze wie nach mittelalterlichem Vorbild zum flüssigen Metall erhitzt werden kann. Befeuert wird der Gussofen mit regionalem Koks, welches die Kokerei des Salzgitter-AG-Stahlwerks spendet.

Zuschauer sind herzlich eingeladen

Die gesamte Herstellung wird mehrere Tage in Anspruch nehmen. Zuschauer sind nach Angaben der Kirchengemeinde herzlich eingeladen, den Herstellungsprozess hautnah zu verfolgen. Am Vormittag des 30. September beginnen die Arbeiten mit dem Ausheben der Gussgrube. Der Glockenguss ist in den Abendstunden des 1. Oktober geplant. Danach muss die flüssige Bronze im Boden erstarren, bis die Glocke am 3. Oktober im Anschluss an den Gottesdienst aus der Erde gehoben und ihren ersten Klang von sich geben wird. Die Glocke selbst soll zukünftig mit dem Schlagton fis² bei einem Gewicht von 120 Kilo erklingen und ist damit auf das Geläut der Kirche St. Petrus in Lichtenberg musikalisch abgestimmt.