Lebenstedt. Schausteller und Rummel-Experten haben uns eine Einschätzung der Sause am Rathaus gegeben – und die macht durchaus Laune auf das bunte Vergnügen.

Jürgen Pohl aus Schladen kennt jede Kirmes in der Region und hat eine ganz besondere Beziehung zu den Volksfesten, und das schon seit den 70er-Jahren. Jetzt freut er sich auf das City-Fest in Lebenstedt. Wir haben den Rummel-Experten kurz vor Beginn der Sause vor dem Rathaus getroffen, und nicht nur ihn.

Stefan Franz und Konrad Ahrend sind Schausteller durch und durch. Zusammen mit Jürgen Naumann von der Werbegemeinschaft City Lebenstedt ordnen sie das Fest ein und geben einen kleinen Ausblick, Liebeserklärung zum Schaustellerdasein inklusive.

Nach 19 Uhr wird das Tempo noch mal merklich angezogen

Der Jaguar-Express ist seine zweite Frau. „Die muss ich auch pflegen“ sagt Konrad Ahrend lächelnd. Da hat seine eigentliche Frau ja Glück. In dritter Generation sind die Peiner Schausteller. Zum City-Fest haben sie neben ihrem Kultfahrgeschäft auch das Minirad mitgebracht, eine 15 Meter kleine Version des Riesenrades, äußerst familienfreundlich. Das können die Gondeln vom Jaguar-Express auch sein, aber nur bis 19 Uhr. „Bis dahin fahren wir mit 70 Stundenkilometern. Danach mit 100“, sagt Ahrend. Huch, da hilft nur festhalten.

Jürgen Pohl ist ein echter Rummel-Experte. Auf einem dieser Volksfeste traf er vor vielen Jahren seine Frau.
Jürgen Pohl ist ein echter Rummel-Experte. Auf einem dieser Volksfeste traf er vor vielen Jahren seine Frau. © Erik Beyen

Das Fest selber liegt in der Verantwortung der Werbegemeinschaft. Die Verantwortung für den Rummel, auf diesen Begriff einigen sie sich für den Moment, haben die Gewerbetreibenden dem Schaustellerverband Braunschweig übertragen. Den gibt es schon seit 75 Jahren.
90 Schaustellerbetriebe oder auch -familien sind dort Mitglied. Und die meisten Geschäfte des Rummels in Lebenstedt sichere der Verband auch ab: Fahrgeschäfte, Laufgeschäfte und Imbissbuden. Stefan Franz ist mit seinen Greifarmbuden vor Ort. „Wir holen aber auch immer neue Attraktionen dazu“, erklärt er. Abwechslung ist alles. In diesem Jahr ist zum Beispiel der Polyp dabei, ein Geschäft, das an eine sich drehende Krake erinnert. Es kommt aus dem sächsischen Torgau.

Vor dem Gastfahrgeschäft sitzt Jürgen Pohl. „Eigentlich schade, dass der Kettenflieger nicht da ist“, meint er. In den 70er-Jahren hat er als junger Mensch beim Aufbau geholfen oder sogar die Fahrchips von den Fahrgästen eingesammelt. Er kennt alle Geschäfte. „Es ist schön, dass der Polyp nach Jahren mal wieder da ist.“ Vor mehr als 40 Jahren traf er auf einer Kirmes seine Frau. „Ich habe die Chips eingesammelt und bin dann zugestiegen“, erzählt er. Dann hat es halt gefunkt. Heute ist er 61 Jahre alt, verpasst aber nach wie vor keinen Aufbau, wo immer in der Region eine Kirmes Station macht.

Nico Berweke mit seinem Spyer-Jump. Sein Mitarbeiter Kevin testet den Spaß, der für Menschen bis zu 70 Kilo Gewicht geeignet ist.
Nico Berweke mit seinem Spyer-Jump. Sein Mitarbeiter Kevin testet den Spaß, der für Menschen bis zu 70 Kilo Gewicht geeignet ist. © Erik Beyen

Infolge der Pandemie gab es einen Generationswechsel

60 Geschäfte zählt der Rummel in Lebenstedt, die Schausteller nennen das City-Fest auch Rathaus-Spektakel. Wenn das die Ratsherren wüssten. Vor Corona, sagt Stefan Franz, habe das Schaustellergewerbe eine Delle erlebt, die durch Corona noch verschärft worden sei Doch danach habe sozusagen ein Generationswechsel stattgefunden. „Nach zwei Jahren gibt es durchaus Kinder, die noch nie in einem Karussell gesessen haben“, meinen die Herren. Es lohne sich wieder, und Schausteller seien ohnehin eine große Familie. Die will es ihren Gästen in Lebenstedt rechtmachen.

„Wir haben die Preise vom letzten Jahr auf dieses nicht angehoben“, sagt Konrad Ahrend. „Das muss auch weiter Volksfestcharakter haben.“ Für die Werbegemeinschaft ist der Rummel wohl ein Zuschussgeschäft.

Leon Berweke an seiner „Churry“-Maschine. Das Spritzgebäck ist voll im Trend.
Leon Berweke an seiner „Churry“-Maschine. Das Spritzgebäck ist voll im Trend. © Erik Beyen

20.000 Euro Kosten für Strom, die könne man nicht über die Standgebühren für die Schausteller reinholen. Auf etwa 12.000 Euro bleiben sie wohl sitzen. Aber jetzt freuen sie sich erst einmal auf das Fest. Um 16.45 Uhr ging die Party los. Jürgen Pohl wird sich den Abbau später wohl nicht entgehen lassen. Und die Schausteller sind sicher: „Rummel hat Zukunft, wenn die Verantwortlichen uns weiter unterstützen.“

Das City-Fest in Lebenstedt wird noch bis Sonntag gefeiert. Am letzten Tag haben zudem auch viele Geschäfte in der City von 13 bis 18 Uhr geöffnet.