Calbecht. Im nächsten Teil der Reihe „25-Fragen - 25 Antworten“ geht es um die Entwicklung unserer Städte.

Menschen haben immer versucht, die Städte so zu planen, dass sie ihren Vorstellungen, wie Menschen miteinander leben sollten, entsprachen. Einige Menschen wollten in Städten ihre Macht zeigen (zum Beispiel die Städte des Absolutismus). Andere Städte hatten klar getrennte Stadtquartiere, in denen Menschen produzieren, miteinander handeln und sich auszutauschen konnten (zum Beispiel die Städte der Kaufleute im Mittelalter).

In der modernen Zeit entscheiden viele Menschen mit, wie sich die Städte entwickeln. Dabei haben die Menschen unterschiedliche Vorstellungen: Einige Menschen wollen günstige Wohnungen, andere eine nachhaltige und grüne Stadt. Wieder anderen ist es wichtig, in Gemeinschaft mit verschiedenen Menschen zu leben. Dritte wollen exklusives Wohnen.

Die städtische Gesellschaft mit ihren Ansprüchen und die vielen von ihr gestalteten Räume bilden ein System. Dieses System ist hoch komplex und alle Elemente beeinflussen sich gegenseitig. Die Frage lautet also: ist dieses komplexe System überhaupt zu steuern?

Planungswissenschaften und Verwaltungen versuchten, Planung mit Leitbildern zu steuern. In den 1920er und 1930er Jahren sollte die ‚funktionale Stadt‘ räumliche Trennung und gesunde Lebens- und Arbeitsverhältnisse schaffen. Diese Funktionstrennung bedingte mehr Mobilität. In der Nachkriegszeit setzte sich in Deutschland die Idee der gegliederten und aufgelockerten Stadt durch. Diese Idee wurde in den 1950ern mit Zeilenbauweise, Grünflächen und neuen Einfamilienhausgebieten umgesetzt.

Die Folgen waren ein starker Flächenverbrauch und monostrukturierte Städte. Die Hochhaussiedlungen der 60er und 70er folgten dem Leitbild der ‚verdichteten Stadt’ mit guter Infrastruktur und Verkehrsanbindung sowie günstigem und ausreichendem Wohnraum für alle. Doch auch hier ging der Plan nicht auf: die Dichte und Bauqualitäten entsprach nicht den Wohnbedürfnissen. Noch mehr Individualverkehr entstand.

In den 1970ern und 1980ern kam dann die Skepsis auf, ob Planen den Bedürfnissen der Menschen in den Städten gerecht werden kann. Die Einwohner der Städte forderten mehr Mitspracherechte bei Planung: Durch Besetzungen sollten Häuser vor dem Abriss und Städte vor der Gesichtslosigkeit geschützt werden. Städte sollten nachhaltiger werden. Planen wurde zum ‚miteinander planen‘. Die neuen Leitbilder der ‚nachhaltigen Stadt‘ mit einer funktionierenden, urbanen Ökologie und das Leitbild der ‚kompakten Stadt‘ mit Innenentwicklung und Funktionsmischung sollen dieser Entwicklung Rechnung tragen. Planung versteht sich heute als eine Koproduktion von Gesellschaft, Politik, Planung und Wirtschaft.

Doch Stadtentwicklung wird im Zuge des erneuten Wachsens der städtischen Bevölkerung und einer Verknappung von verfügbaren Flächen zunehmend vom Immobilienmarkt geprägt. Verwaltungen können nur begrenzt zum Beispiel die Mischung von unterschiedlich teurem Wohnraum oder das Freihalten von ökologisch wichtigen Flächen mit den Investoren aushandeln.

Nicht zuletzt sind die Menschen in der Stadt gefragt, ihre Mitspracherechte wahrzunehmen und zu zeigen, wie sie in Zukunft leben wollen. Mit dem eigenen Eintreten für das ‚Recht auf Stadt‘ kann eine kreativere, demokratischere und nachhaltigere Stadt geschaffen werden. Stadtentwicklung ist durch Pläne allein nicht umsetzbar, aber ganz ohne Pläne wird Stadtentwicklung planlos.