Calbecht. Professor Thomas M. Cerbe erklärt, wie die Batteriekapazität von E-Fahrzeugen einzuschätzen ist.

Die Antwort lautet: Das ist heute schon möglich, aber ... Aktuelle deutsche Elektroautos, wie der BMW i3 und der e-Golf haben eine realistische Reichweite von 150 bis 200 Kilometer, das Model S des kalifornischen Herstellers Tesla kommt auf 300 bis 400 Kilometer. Die Entfernung von Salzgitter nach Italien (z.B. Rom) beträgt rund 1 500 Kilometer. Also müssen die genannten deutschen Fahrzeuge ungefähr acht Mal unterwegs geladen werden, der Tesla ungefähr vier Mal. Der Leser wird sich fragen: Gibt es überhaupt Ladestationen auf dem Weg nach Italien? Und wie lange dauert das Laden? Das Ladesäulenverzeichnis GoingElectric enthält rund 2 700 Schnellladepunkte in Europa, an denen innerhalb von einer halben Stunde etwa 125 Kilometer nachgeladen werden können. Schnellladen funktioniert bis 80 Prozent der Batteriekapazität. Ab 80 Prozent wird die Ladeleistung geringer, so dass die restlichen 20 Prozent relativ lange dauern und für das Zwischenladen nicht sinnvoll nutzbar sind. Wenn also in der Praxis nur jeweils 125 Kilometer nachgeladen werden, muss man mit dem BMW i3 und dem e-Golf tatsächlich elf (statt acht) Mal laden. Die benötigte Zeit zum Laden beträgt dann 5,5 Stunden. Dazu kommt eine reine Fahrzeit von 15 Stunden, wenn man einen Durchschnitt von 100 Stundenkilometer in der Urlaubszeit annimmt. Für den Besitzer eines Tesla Model S sieht das etwas besser aus. Tesla hat in Europa circa 350 Supercharger mit bis zu acht Ladepunkten aufgebaut. Für viele Tesla-Besitzer ist die Nutzung kostenlos. Aufgrund der deutlich höheren Ladeleistung sind in einer halben Stunde schätzungsweise 250 Kilometer nachgeladen. Jetzt werden real fünf (statt vier) Ladevorgänge benötigt, die zu einer Gesamtladezeit von 2,5 Stunden führen. Der Tesla-Fahrer ist damit drei Stunden schneller am Ziel. Zu beachten ist in beiden Fällen: Das Motto „Viele Wege führen nach Rom“ gilt besonders hier. Man sollte vor der Reise die optimale Route entlang der Ladestationen ermitteln und sicherstellen, dass man die richtigen Ladekarten, Ladechips und Smartphone Apps für die Nutzung der Ladestationen dabei hat. Was erwartet uns in der Zukunft? Die Ladeinfrastruktur wird massiv ausgebaut und das High Power Charging mit bis zu 350 Kilowatt – der dreifachen Leistung der heutigen Supercharger – wird eingeführt. Die Energiedichte der Batterien steigt, die Batteriepreise fallen, damit werden Batteriekapazität und Reichweite ebenso ansteigen. Spätestens ab 2021 wird ein Elektroauto mit einer Reichweite von 300 Kilometer günstiger sein als ein vergleichbarer Verbrenner und damit für mehr Menschen bezahlbar. Das preisgünstige Model 3 von Tesla mit 300 Kilometer Reichweite kommt Ende 2018, spätestens 2019 auf den deutschen Markt. Abschließend zum „aber“ der Antwort oben: Schon heute können wir zwar mit einem Elektroauto in den Italien-Urlaub fahren. Ob diese Fahrt mit dem Auto unter Berücksichtigung der Staus in den Urlaubszeiten entspannt ist, erscheint eher zweifelhaft. Eine gute Alternative ist die Fahrt mit dem Zug. Am Urlaubsort nutzt man öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad, geht zu Fuß oder mietet bei Bedarf ein Elektrofahrzeug als Mietwagen oder im Carsharing. Diese Alternative ist entspannter und sie ist deutlich nachhaltiger. Die Reisezeit beträgt dann sogar „nur“ 16 Stunden.