Lübbenau. Die Region in Brandenburg bietet Ruhe, Natur, Bratapfel und Sauna – so lässt es sich entspannen.

Es gibt einfachere Dinge im Spreewald, als an einem Wintertag die zugereisten Vögel zu zählen. „Da hat man sie wunderbar auf der Fläche“, sagt Frank Kuba, „und plötzlich sehen die einen Seeadler im Baum, und weg sind sie.“ Also weg eigentlich nicht, aber in der Luft, was fürs Zählen, na ja ... Kubas Blick spricht Bände. Zugereiste: 30 000 können das sein, nordische Saatgänse auf Europareise, Zwischenstopp Spreewald. Frank Kuba ist Ranger im Biosphärenreservat Spreewald.

Touris zählen wäre leichter. Den Strömen des Sommers steht jetzt eine deutlich kleinere Schar gegenüber. Was sie sucht und bekommt? „Wald und Wege nahezu für sich allein“, sagt Kuba, der diese Zeit „super“ findet, vor allem der „absoluten Ruhe“ wegen. Dörfer und Landschaft liegen im Winterschlaf, der einen für die Region äußerst untypischen Komfort mit sich bringt: den Segen absoluter Mückenfreiheit.

Selbstredend kann man den Spreewald auch jetzt noch zu Wasser durchmessen. Reichlich dicke Decken, Thermoskannen mit heißem Glühwein – den Kahn, mit dem wir in Lübbenau ablegen (bis Ende März täglich 11 und 13 Uhr), darf man winterfest nennen. Die Gäste sollten es auch sein, so zauberhaft die Aussichten sind: Vermummung geraten.

Märchenhaft verwunschen ist die Tour, der Blick geht in der laublosen Zeit weiter hinein in die Landschaft, manchmal sind tierische Gäste im Ausflugsprogramm enthalten. Zum Eisvogel gehört Glück. Die Nutrias aber, von einer für vorbeigleitende Fotografen beglückenden Gleichgültigkeit, sehen wir um ihren Bau faulenzen. Sie geben sich deutlich ungenierter als die nachtaktiven Biber, von denen man meist nur ihr Werk zu sehen bekommt: Bäume, denen sie in wochenlanger Zahnarbeit jene Bleistifttaille verpasst haben.

Die Kahnpartie hat etwas von Naturerfahrung in Zeitlupe. Wir passieren Bauernhäuser, kreuzen neue Wasserwege und schielen bei Lehde fröstelnd das Ufer hinauf zur Einkehr „Kaupe Nr. 6“.

Kachelofen, Hechtklößchen in Spreewaldsoße, Bratapfel: passgenaue Zutaten zum Aufwärmen.

Im Schloss Lübbenau werden Winterkonzerte gegeben

Die Region, traditionell Schönwetterziel, engagiert sich. Hier soll auch was gehen, wenn’s richtig kalt ist: „Ganzjährige Erlebbarkeit“ nennen das die Erfinder der Kampagne „Winterzeit“. Dem einen sind das die Winterkonzerte im Wappensaal von Schloss Lübbenau, im selben Ort schicken Familien die Kinder in den Bibergängen des Museums „Für Mensch und Natur“ auf Entdeckungsreisen.

Naheliegend ist es, in Schwitzkästen zu gehen. Allein die „Spreewelten“ von Lübbenau haben 14 Themenräume im Saunadorf. Der König der Einheizer aber ist Peter Franke. Sein Aufguss liegt auf der Zunge. Dass Franke die Menschen zu Tränen rührt, wäre leicht seinem heftig sächselnden Wasserfall komischer Sprüche zuzuordnen. Es ist indes der rasant scharfe Spreewälder Meerrettich, dem das selten ohne Hut zu sehende Original in „Peters Tränenbar“ in vielen Spielarten huldigt. Franke war vor der Wende stellvertretender Direktor der Interhotelkette mit 16 000 Leuten. Vorbei. Heute genießt er das Wurschteln im überschaubaren Hotel Stern.

Es dämmert, und wir ziehen weiter. Die schönen Zimmer sind nicht das einzige Pfund, mit denen das Bio-Hotel Kolonieschänke wuchert. In dem schlichten Vierseitenhof hat der Gast seine eigene Sauna im Bade: Die Zimmer geben sich als Holzfällersuiten. Am Herd des Hauses schon wieder eine Sprüchekanone wie Peter Franke: Fernsehkoch Jörg Thiele („The Taste“). „The Taste“ ist hier „The Spreewald“. Thiele steht für die deutlich regional grundierte Küche samt Backhaus im Hof, vor allem aber Zutaten mit „Von hier“-Stempel. Das sind zum Beispiel Ebereschensoße zum Rehschinken, ein Strudel von der Grützwurst, das sind Aroniabeere, Spreewälder Leinöl, Rotkohlsuppe und Hefeplinse.