Das Abenteuer am Polarkreis durch Finnisch-Lappland bringt Tiere und Menschen einander näher.

Johu schreit: „Stop-whoa, he-he, stop-whoa“, das bedeutet „bremsen“. Zu spät. Der Hundeschlitten des Hintermannes touchiert in einer holprigen Abwärtskurve eine Bodenwelle, bricht seitwärts aus und kippt mit Sack und Pack in einen Graben. Rutschpartien ins eisige Abseits sind unvermeidbar bei einer Wildnistour durch Finnisch-Lappland. Davor schützt auch nicht das Musher-Training im Huskycamp Äkäskero bei Kittilä, das Schlittenfahrer vor ihrer Eispartie absolvieren.

Teamgeist, Ausdauer und Beinarbeit sind nötig

Bis sich der in einen steifen Thermoanzug gepackte Polarfahrer aus dem knietiefen Schneeloch herausgehievt hat, ordnet Wildnisführer Johu die verhedderten Zugleinen des Gespanns und beruhigt die zeternden, zur Weiterfahrt zerrenden Huskys. Trapper, Yankee und Xeno finden Pausen ebenso hundelangweilig wie die Leithündinnen Nora und Moonlight. Erst recht aber mögen sie es nicht, wenn ihr Steuermann bei rasanten Abfahrten ihren Lauf mit der Fußbremse zügelt. Wer sein Herz an die zähen Burschen verloren hat, weiß, die wollen nur eines – laufen, laufen, laufen … Und das kilometerweit und ungebremst durch die kalte Schneewüste.

Nach dem unfreiwilligen Stopp geht die Nordlandtour weiter über vereiste Seen und scheinbar endlose Felder aus Pulverschnee. Das Thermometer zeigt minus 18 Grad. Fast lautlos sausen die Hundeschlitten mit etwa 30 Stundenkilometern durch Kiefern-, Fichten- und Birkenwäldchen auf dem nahezu menschenleeren Fleckchen Erde am nördlichen Polarkreis. Nur monotones Kratzen der Schlittenkufen und das Hecheln der Hunde durchbrechen die kalte Stille.

Wenn Mensch und Tier vor Anbruch der Dunkelheit die nächste Einödhütte erreichen, haben sie drei Tage Eiszeit hinter sich und waren 180 Kilometer auf den Beinen. Teamgeist, Ausdauer und harte Beinarbeit sind Voraussetzung für einen Stehplatz auf dem Schlitten bei der insgesamt fünf Tage dauernden Abenteuertour. Gute Laune sollte selbst beim Küchendienst nicht verloren gehen. Ein- und Ausspannen der pelzigen Kollegen, Hundepflege und Hüttenarbeit sind Teil der Expedition in die Winterwelt. Komfortabler, aber weniger exotisch und aufregend sind organisierte Tagesausflüge mit anschließender Rückkehr in die warme Winterlodge.

In der Ferne wird das Ziel der dritten Reiseetappe sichtbar. Die nahende Dämmerung zeichnet verstreute Blockhütten als schwarze Punkte auf den scheinbar endlosen Horizont. Eine davon ist die Unterkunft der Nordlandfahrer für die kälteste Nacht des Jahres. Hinter der Hütte stehen ein Brennholzverschlag, eine Minisauna und ein Kloschuppen – mit herrlichem Seeblick, wie sich später herausstellt. Das Möbelinventar in der Waldhütte ist so anspruchslos wie das Nachtlager. Wichtiger ist genügend trockenes Holz für den Kamin. Bis zur Schwitzkur in der Sauna und dem anschließenden Bad im Schnee steht Hüttenarbeit auf dem Plan. Rucksäcke und Vorräte sind ins Blockhaus zu schleppen, ein Wasserloch muss ins Eis gebohrt werden. Bevor aus dem Kamin ein großer geräucherter Lachs auf den Tisch kommt, ketten die Schlittenfahrer ihre Hunde am Seeufer an. Geduldig warten die Huskys im Schnee. Erst als ihnen aus Kübeln der Geruch von dampfendem Fleischbrei in die Nasen weht, stimmen sie ein Heulkonzert an.

Die Tiere kennen

kein Halten mehr

Noch 60 Kilometer bis zum Camp. Über den gefrorenen Muonio-Fluss entlang der schwedischen Grenze jagt der Wind, Wolken ziehen wie finstere Dämonen über den Schlitten. Eine Motorschlitten-Karawane und Langläufer auf maschinell gespurten Loipen sind untrügbare Vorboten aus dem nahen Wintersportcamp am Äkäskero-Berg. Jetzt gibt es für die Hunde kein Halten mehr. Nur mit einer Vollbremsung gelingt es den Mushern, ihr Gespann durch das Campgatter zu lenken und zu stoppen. Mehr als 100 Huskys stimmen ein Freudengeheul an. Es ist jedoch nicht nur Willkommensgruß, sondern auch Selbstreklame für die nächste Tour. Jeder will mit von der Partie sein, wenn die in Schneeanzügen ulkig daherwatschelnden Fremden kommen und zur nächsten großen Fahrt anspannen.