Jerusalem. Für Gabriele Zander ist es eine Traumstelle. Nach neuer Gewalt im Nahost-Konflikt ist ihre Weihnachtsfreude allerdings getrübt.

Mit Schwung lenkt Pastorin Gabriele Zander ihr schon leicht verbeultes Auto auf den Parkplatz am Café Auguste Victoria auf dem Ölberg in Jerusalem. Sie kommt eben von einem Empfang des israelischen Tourismusministeriums. Weihnachten ist die wichtigste Zeit für den christlichen Tourismus, doch in diesem Jahr sieht es eher düster für die Branche aus, „man verzeichnet Rückgänge“. Der „Terror der Messer“, der seit einigen Monaten dem Heiligen Land zu schaffen macht, hält die Besucher fern.

„Allein der Gedanke, an Heiligabend über den militärischen Kontrollpunkt nach Bethlehem gehen zu müssen, stimmt mich traurig.“
Gabriele Zander, Pfarrerin, zur brenzligen Lage in Israel

„Ich bin mitten rein gekommen in den Konflikt“, sagt die schlanke Pastorin. Sie ist Anfang 50, trägt schwarze Jeans, eine schlichte weiße Bluse und darüber ein elegantes Jackett. Im September hat sie ihre „Traumstelle“ angetreten: Pfarrerin der Evangelischen Gemeinde deutscher Sprache zu Jerusalem. Zu ihren Aufgaben gehört es, vom Pilger- und Begegnungszentrum auf dem Ölberg Besucher durch die Heilige Stadt zu begleiten und Gottesdienste in der Himmelfahrtkirche zu halten.

„So hatte ich es mir nicht vorgestellt“, sagt sie betrübt. Schon in den ersten Wochen nach Amtsantritt kamen Anfragen von deutschen Gruppen, ob es denn sicher sei, nach Israel zu reisen. Anfangs sei sie „vorsichtig“ gewesen, man habe umdisponieren müssen und bei Gruppen, die trotz der Sicherheitslage kamen, geplante Fahrten ins Westjordanland vom Programm gestrichen. „Jetzt rate ich wieder dazu, herzukommen.“ Noch zu frisch in ihrem Amt fühlt sich Gabriele Zander, um eine Rolle zu spielen, wie sie es sich wünschen würde, bei der Vermittlung zwischen Juden und Muslimen. Allein „die Lage der Begegnungsstätte wäre ideal“, um Vertreter der beiden Konfliktparteien zusammenzubringen.

Israel ist für die Pfarrerin, die fließend Hebräisch spricht, kein Neuland. Zwischen 1993 und 1998 lebte sie in Jerusalem, damals als Vikarin des Programms „Studium in Israel“. Aus dieser Zeit „sind mir viele Kontakte“ geblieben, sagt sie. Ihre jüdischen Bekannten distanzierten sich entschieden von den Übergriffen gegen christliche Einrichtungen, die im abgelaufenen Jahr deutlich zunahmen. Besonders erschreckend war der Brandanschlag auf die Brotvermehrungskirche in Tabgha am See Genezareth im Juni. Es gab Schmähschriften und Schikanen gegen Kirchenleute.

Zander selbst, die vor dem Wechsel nach Jerusalem Studentenpfarrerin in Darmstadt war, hat derartige Ressentiments noch nicht erfahren. Erst vor wenigen Tagen rief Benzi Gupstein, Chef der radikalen Organisation Lehava, auf einer ultraorthodoxen Webseite dazu auf, Christen aus Israel zu vertreiben. Für Weihnachten sei kein Platz im Heiligen Land, schrieb der Fanatiker, der Christen „Vampire“ schimpft, die es noch immer nicht aufgegeben hätten, das jüdische Volk zu zerstören und zu missionieren. Dies seien Stimmen „vereinzelter Extremisten“, sagt die Pfarrerin. „Die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung lehnt die Übergriffe ab.“ Tatsächlich erlebe sie viele Solidaritätsbekundungen und „Aufklärungsarbeit im Internet“. Von der israelischen Regierung würde sich Zander indes mehr Engagement erhoffen. „Es gibt einzelne Verfolgung von Straftaten, aber es könnte sicher intensiver dagegen vorgegangen werden.“

Als deutlich wichtiger für die „nicht ungetrübte Weihnachtsfreude“ findet die Pfarrerin indes den israelisch-palästinensischen Konflikt. „Allein der Gedanke, an Heiligabend über den militärischen Kontrollpunkt nach Bethlehem gehen zu müssen“, stimmt sie traurig. Trotzdem appelliert Zander an die Christen in ihrer Predigt: „Freut Euch über Weihnachten und den kommenden Herrn.“

Auch wenn sie zugibt, „perspektivisch eher skeptisch“ zu sein, will sie die Hoffnung nicht aufgeben.epd