Wo man bei Häppchen und klassischer Musik zuschauen kann, wie draußen die Welt untergeht.

An der Pazifikküste Nordamerikas hat sich das Beobachten entfesselter Naturgewalten zu einem winterlichen Touristenvergnügen entwickelt. Beim "Stormwatching" können Orkane gar nicht wütend genug toben und sich die Wellenberge kaum hoch genug an steilen Klippen brechen. Die Schaulustigen machen es sich in komfortablen Hotels mit Panoramafenstern bequem und genießen das Erlebnis der Urkräfte. Auch in Europa wächst die Freude am archaischen Naturschauspiel. Fünf Ziele für Schwerwetterfans.

Bretagne, Ile de Ouessant

Am 21. Dezember 1989 schießt Jean Guichard das Bild seines Lebens: Mit einem Helikopter ist der Fotograf bei Windstärke 10 unterwegs zum Leuchtturm "Phare de la Jument" auf einer Klippe vor der bretonischen Insel Ile de Ouessant. Das Meer schäumt, wird gegen den Turm gepeitscht. Da öffnet der Wärter die Tür und tritt an die Brüstung. Die gigantische Welle, die sich von hinten nähert, kann er nicht sehen. Erst als ihm die Gischt die Sicht nimmt, weicht er in den Turm zurück – Sekundenbruchteile, bevor das Wasser vor der Tür zusammenschlägt. "Ich wartete auf Rettung und wollte nachschauen, als ich den Hubschrauber hörte", erzählte Théodore Malgorn später. "Hätte ich nur einen Augenblick länger gewartet, die Wassermassen hätten mich mitgerissen." Das Foto wurde berühmt, Malgorn auf die Ile de Ouessant versetzt und der Leuchtturm auf Automatikbetrieb umgestellt.

Und die Stürme rasen immer noch, Winter für Winter. Genau das richtige Wetter für Gästeführerin Ondine Morin (25). Sobald Windstärke sieben oder mehr angekündigt wird, bietet sie Wanderungen zu besonderen Stellen der Insel an, um die Naturgewalten hautnah zu erleben: Atout France, 0900/157 00 25,

www.franceguide.com

Deutschland, Helgoland

Um die Wucht der Elemente zu erleben, muss man nicht ins Ausland reisen. Auf Deutschlands einziger Hochseeinsel Helgoland jagen im Winter Stürme ungebremst über die Nordsee und türmen die Wellen bis zu zehn Meter hoch.

Im Hotel "Rickmers Insulaner" können Gäste sich vorab online registrieren lassen und werden dann zwei Tage vor Eintreffen eines Sturmes über dessen erwartete Stärke informiert. Auf Wunsch wird die Anreise organisiert sowie Regenzeug und sogar ein Fernglas bereitgelegt. Zum Arrangement gehören ein Ausflug auf die vorgelagerte Sanddüne und zur Wetterwarte mit Erklärungen der Ereignisse durch einen Meteorologen: Helgoland Touristik, 04725/8 08 20, www.helgoland.de

Spanien, Galizien

"Costa da Morte" – Todesküste heißt ein Strich der galizischen Küste im äußersten Nordwesten Spaniens zwischen Malpica und Fisterra. Zahllose Schiffe zerschellten an ihren Klippen und viele Fischer verunglückten bei dem Versuch, die begehrten Entenmuscheln in der Brandungszone zu ernten.

Wer sich einen sicheren Standort am Steilufer oder an einem der langen Strände sucht, kann ein großartiges Naturschauspiel genießen. Ein paar Hotels, ganz oben auf den Klippen oder an den Strandpromenaden, werden als Geheimtipps gehandelt. Dort lässt sich auch von innen das Spektakel betrachten und hören, wie der Sturm an den Fenstern rüttelt: Spanisches Fremdenverkehrsamt, 01803/00 26 47, www.spain.info/de

England, Cornwall

Fast 5000 Kilometer Ozean liegen vor der Nordküste Cornwalls. Ideal, um im Sommer perfekte Winde zum Surfen und Segeln aufkommen zu lassen. Der Winter ist die Saison für Sturmbeobachter, wenn sich über dem Atlantik Orkane zusammenbrauen und auf die Küste zurasen.

In St. Mawes, einem schicken Ferienort auf der Roseland Halbinsel, logieren Gäste im "The Idle Rocks Hotel" praktisch auf der Hafenmauer. Man sitzt in der ersten Reihe, wenn Wellen gegen die Mole krachen, Gischt auf die Fenster spritzt – und im Rücken prasselt ein Kaminfeuer. Das viktorianische Traditionshotel "The Headland" liegt auf einer Landzunge bei Newquay. Aus den Zimmern hat man einen fantastischen Blick über Fistral Beach, Englands berühmtesten Surferspot. Britische Zentrale für Tourismus: 030/315 71 90, www.visitbritain.de,

www.visitcornwall.com

Kanada, Vancouver Island

Wenn Winterstürme mit bis zu 150 Stundenkilometern über den Pazifik fauchen, den Wellen die Schaumkronen abreißen und gegen die Panoramascheiben klatschen, bietet das Restaurant des "Wickaninnish Inn" ein besonderes Spektakel. Orkansichere Scheiben gewähren eine 240-Grad-Aussicht. Zum Gourmet-Dinner übertragen außen angebrachte Mikrofone das Inferno, unterlegt mit Mozart, Beethoven oder Wagner, je nach Windstärke.

In jedem der luxuriösen Zimmer mit eigenem Kamin liegen Ferngläser bereit und Ölzeug sowie Gummistiefel für geführte Touren, auf denen viel Wissenswertes über das Naturspektakel erzählt wird. Wer ganz viel Glück hat, findet auf dem Strand ein begehrtes Sammlergut: antike Glaskugeln, wie sie einst von japanischen Fischern am anderen Ende des Pazifiks als Schwimmkörper für ihre Netze benutzt wurden: Canadian Tourism Commission, 06181/4 51 78,

www.meinkanada.com.