Berlin. Das „Technik Radar“ klärt, ob wir Robotern und selbstfahrenden Autos wirklich trauen.

Eine Zukunft, in der uns der Computer-Assistent weckt, die Kinder im selbstfahrenden Auto zur Schule fahren und ihre Oma von einem Roboter aus dem Bett in den Rollstuhl gehoben wird, ist gar nicht so unwahrscheinlich, wie man vielleicht denken mag.

Gut möglich, dass unser Leben in 15 oder 20 Jahren so aussehen könnte. Doch was für manche sicherlich eine erstrebenswerte Digitalisierungs-Vision ist, wird für andere eher zum technologischen Albtraum. Dass die Bundesregierung Deutschlands digitale Zukunft zunehmend in den Blick nimmt, lässt sich im Koalitionsvertrag nachlesen. Breitbandinternet, digitale Bildung, IT-Sicherheit – diese und weitere Themen sind dort unter der Überschrift „Digitalisierung“ aufgelistet. Ob wir Deutschen für die digitale Zukunft bereit sind, beantwortet das nicht.

Die Studie „Technik Radar 2018 – Was die Deutschen über Technik denken“, die heute Nachmittag in Berlin vorgestellt wird und der Redaktion vorab vorlag, beschäftigt sich genau mit dieser Frage. Studienleiter Ortwin Renn, wissenschaftlicher Direktor am Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam, gibt eine vielschichtige Antwort: „Laut den Ergebnissen herrscht in Deutschland weder Technikfeindlichkeit noch Technikeuphorie, sondern eine skeptische, aber auch erwartungsvolle Grundhaltung. Wir sehen, dass mehr als die Hälfte der Befragten an Technik interessiert ist, viele sich sogar für technikbegeistert halten – und die Hälfte rechnet damit, dass Technik die Zukunft verbessern wird. Es gibt also eine technikaufgeschlossene Grundstimmung.“ Gleichzeitig glaubt aber nur ein Viertel der Befragten, dass Technik mehr Probleme löst, als sie schafft. Deutschland und Technik: Das Verhältnis ist kompliziert.

Bis heute war all das allerdings kaum quantifizierbar – das „Technik Radar“ ist die erste umfassende Studie, die sich vornehmlich der Frage widmet, was Deutsche von Technik halten. Künftig soll die Untersuchung von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und der Körber-Stiftung im Zweijahres-Rhythmus durchgeführt werden. Die Ergebnisse im Überblick:

Autonomes Fahren

Spätestens seit dem Erfolg der Elektroautos von Tesla, die auf der Autobahn bereits wie von Geisterhand die Spur wechseln können, beschäftigt autonomes Fahren etliche Deutsche – bis hin zum ehemaligen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (siehe Foto links). Studien belegen, dass 90 Prozent der Unfälle auf Fahrfehler zurückzuführen sind. Eindeutige Zahlen – dennoch können sich laut „Technik Radar“ gerade einmal 16,2 Prozent der Autofahrer vorstellen, Verantwortung an ein selbstfahrendes Auto abzugeben. „Jeder Deutsche glaubt, dass er ein sehr guter Fahrer ist. Dass stattdessen ein Roboter sicherer fahren könnte, ist schlicht eine Kränkung“, sagt Renn. Doch die Deutschen haben Roboterautos gegenüber weitere Bedenken: Zwei Drittel (65,9 Prozent) etwa rechnen mit einem Verkehrschaos, ausgelöst durch Computerpannen, 67,4 Prozent glauben, dass Hacker Störungen und Unfälle verursachen werden. Für die Zukunft haben Auto- und Computerhersteller also noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Smarthome

Unter Smarthome wird von der per App steuerbaren Lampe bis hin zum smarten Türschloss alles zusammengefasst, was sich im Haushalt mit dem Netz verbinden lässt. Bislang noch ein Nischenphänomen: Nur 8,1 Prozent der Befragten gaben an,
bereits entsprechende Geräte zu nutzen. Ganze 57,3 Prozent schließen eine Nutzung sogar in
Zukunft aus. Das könnte vor allem auch an ihren Bedenken liegen: Gut zwei Drittel der Befragten befürchten, dass Smarthome dazu führen könnte, dass Hacker die eigene Wohnung kontrollieren. Aufklärung,
was Hersteller und Regulierer bereits dagegen täten sei deshalb wichtig.

Roboter

Überraschend sind die Zahlen zum Thema Haushaltsroboter. Laut Umfrage besitzt schon jeder Dritte einen Staubsaugerroboter oder ähnliche digitale Helferlein. Mehr als die Hälfte von ihnen gibt aber auch an, diesen niemals zu nutzen. Renn kennt das selbst: „Ich hatte mir einen Wischroboter angeschafft – aber der wischte den Dreck bloß von einer Ecke in die andere. Deshalb steht er jetzt im Keller.“ Hier zeige sich, dass viele Menschen offenbar unfertige Geräte erhalten haben, die ihren Zweck nicht erfüllen.

Wenn es darum geht, dass Roboter Arbeit in Alten- und Pflegeheimen übernehmen könnten, sind Deutsche zwar aufgeschlossen, fürchten aber auch die Folgen: So beurteilen immerhin 40,3 Prozent Roboter in der Pflege positiv, nur etwa jeder Dritte lehnt dies grundsätzlich ab. „Da hat sich in den vergangenen fünf Jahren viel getan“, sagt Renn. Allerdings sei die Akzeptanz etwa in Japan deutlich höher, wo man seit Jahren solche Lösungen testet. 81 Prozent der Deutschen fürchten aber auch, dass durch Roboter menschliche Zuwendung in der Pflege abnehmen könnte.

60 Prozent würden maschinelle Helfer aber befürworten, wenn dadurch das Pflegepersonal entlastet würde und sich so intensiver um seine Klienten kümmern könnte. Angesichts mangelnder Fachkräfte und hohen Krankenstands in der Pflege sicherlich eine bedenkenswerte Entwicklung.

Computer, Smartphones, Tablets

Was die private Nutzung digitaler Endgeräte, also von Laptop, Smartphone oder Tablet, angeht, sind die Unterschiede zwischen Männern und Frauen unter 65 Jahren äußerst gering: Rund 97 Prozent der Menschen zwischen 16 und 35 Jahren nutzen regelmäßig mindestens eines der Geräte, zwischen 35 und 65 Jahren sind es immerhin noch etwa 84 Prozent. Darüber verläuft eine Geschlechterschwelle: Von den Männern über 65 nutzen noch gut zwei Drittel (68,8 Prozent) PC oder Smartphone – bei den Frauen dagegen nicht einmal jede Zweite (44,2 Prozent). Für Studienleiter Renn ermutigend: „Positiv daran ist, dass die Altersgrenze der Gruppe, die Probleme mit Technik hat, stark nach oben geht – dieses Phänomen wächst langsam aus der Gesellschaft heraus.“