Berlin. Der designierte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will sich besonders um Ostdeutschland kümmern.

Fünf Monate nach der Bundestagswahl will Peter Altmaier endlich seine neuen Amtsgeschäfte aufnehmen. Doch muss der CDU-Politiker die SPD-Mitgliederbefragung abwarten, bevor er als Wirtschaftsminister anfangen kann. Im Interview skizziert Altmaier, was er in der neuen Großen Koalition anpacken will. Mit dem gebürtigen Saarländer sprachen Jochen Gaugele, Kerstin Münstermann und Jörg Quoos.

Herr Altmaier, wie

viel Aufbruch steckt

in der neuen Großen Koalition?

Es steckt auf jeden Fall sehr viel Aufbruch in der CDU. Für unsere neue Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und für unsere CDU-Ministerriege bekommen wir Anerkennung quer über alle Parteigrenzen hinweg. Wir werden alles tun, damit die neue Regierung Deutschland voranbringt. Dafür haben CDU und CSU wichtige und entscheidende Ressorts, von Wirtschaft über Innen bis Bildung und Gesundheit. Am Ende werden wir daran gemessen, wie viele neue Arbeitsplätze es gibt, wie stark die Wirtschaft gewachsen ist und wie wir Familien mit Kindern geholfen haben, im Alltag mit ihren Sorgen fertigzuwerden.

Das zentrale Ressort, dasFinanzministerium, habenSie an die SPD abgegeben …

Das ist uns schwergefallen, weil wir im Finanzministerium große Erfolge erreicht haben. Wir werden sicherstellen, dass die erfolgreiche Arbeit von Wolfgang Schäuble weitergeführt wird: Wir werden an einem Haushalt ohne neue Schulden festhalten. Wir werden keine Steuern erhöhen, sondern den Soli schrittweise abschaffen. Und wir werden auf der europäischen Ebene verantwortungsvoll mit deutschen Interessen umgehen. Diese Kontinuität bei Haushalt und Steuern verspreche ich ausdrücklich auch persönlich. Der Koalitionsvertrag bietet dafür eine gute Ausgangslage. Im Übrigen werden alle finanzwirksamen Maßnahmen von der gesamten Koalition beschlossen. Es müssen alle Partner zustimmen, nicht nur die SPD, die den Minister stellt.

Sie sind geschäftsführenderFinanzminister und wechselnnun ins Wirtschaftsministerium. Was wollen Sie dort gestalten?

Wir müssen die soziale Marktwirtschaft nicht neu erfinden, aber wetterfest machen für das 21. Jahrhundert. Das bedeutet: So viel Markt und so wenig Bürokratie wie möglich. Wir brauchen eine neue Gründungsoffensive – von der Bäckerei bis hin zum digitalen Start-up. Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft. Deshalb verstehe ich mich ausdrücklich auch als Mittelstandsminister. Und wo es notwendig ist, helfen wir bei Zukunftsprojekten, so wie Franz Josef Strauß das seinerzeit beim Airbus gemacht hat. Das war die Voraussetzung dafür, dass Europa heute eine Flugzeugindustrie hat.

„Wohlstand für alle“ – machen Sie sich die Parole Ihres berühmten Vorgängers Ludwig Erhard zueigen?

Eindeutig ja! Der Ausspruch „Wohlstand für alle“ bleibt gültig. Wir haben heute mehr Wohlstand in den breiten Bevölkerungsschichten als zu Ludwig Erhards Zeiten. Trotzdem gibt es Menschen, denen es nicht gut geht. Das sind Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose, Rentner mit kleinen Renten. Für diese Gruppen werden wir etwas tun, das haben wir in den Koalitionsverhandlungen vereinbart.

Trägt der Koalitionsvertrag zurSteigerung des Wirtschafts-wachstums und zur Schaffungneuer Arbeitsplätze bei?

Wir haben im vergangenen Jahr das höchste Wachstum seit Langem gehabt mit 2,2 Prozent. Alle Prognosen sagen uns, dass es in diesem Jahr noch ein Stück besser werden kann. Die Kapazitäten sind weitgehend ausgelastet. Deshalb wünsche ich mir, dass vermehrt in Deutschland investiert wird. Dafür werde ich werben in meinen Gesprächen mit den verantwortlichen Unternehmen.

Welche Entwicklung sagen Sie für den Osten Deutschlands voraus?

Der Osten hat in den vergangenen Jahren enorm aufgeholt, aber es geht immer noch zu langsam und in einigen Regionen gar nicht voran. Das wird ein Schwerpunkt meiner Arbeit sein.

Ob Sie Ihre neuen Amtsgeschäfte aufnehmen können, hängt jetzt an den SPD-Mitgliedern. Wie sicher sind Sie, dass die sozialdemokratische Basis den Weg für die Groko freimacht?

Mein Gefühl ist, dass die Befürworter einer Großen Koalition in der SPD deutlich an Gewicht gewonnen haben. Wie es am Ende ausgeht, kann niemand sagen. Wir drücken die Daumen, dass es funktioniert, denn wir brauchen eine handlungsfähige Regierung. Fünf Monate Koalitionsverhandlungen und Regierungsbildung sind für Deutschland zu viel. Daher hoffen wir alle, dass die neue Regierung vor Ostern steht.