Berlin. Annegret Kramp-Karrenbauer wird die neue Generalsekretärin der CDU – mit Aufstiegsperspektive.

Angela Merkel ist mit sich äußerst zufrieden, das Lächeln mag aus ihrem Gesicht gar nicht mehr verschwinden. Ihr ist mit der Nominierung ihrer neuen Generalsekretärin ein echter Coup gelungen: Mit der saarländischen
Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer wechselt eine Frau vom Staatsamt ins Parteiamt, die in allen Flügeln der Partei beliebt ist. Sozialpolitikerin, streng katholisch, regierungserfahren, wahlkampf- und siegeserprobt, analytisch, selbstbewusst, dennoch stets konziliant.

Merkel setzt zudem mit der Personalauswahl ein Ausrufezeichen in der Debatte über ihre Nachfolge. Sie holt jemanden auf die bundespolitische Bühne, den sie sich selbst als Nachfolgerin an der Spitze der Partei gut vorstellen kann. Merkel äußert sich ungewohnt emotional: Sie empfinde es als „ein großes Glück“, dass die Ministerpräsidentin sich künftig dafür einsetzen wolle, die CDU zusammenzuhalten und den Mitgliedern auch „wieder mehr Heimat zu geben“. Es habe sie „berührt“, dass jemand vom Staatsamt in ein Parteiamt wechseln wolle. Dass Annegret Kramp-Karrenbauer, auch bekannt unter dem Kürzel „AKK“, in einer „schwierigen Zeit“ ihre Kraft einsetzen wolle, diese „wunderbare Partei“ zu einen.

Merkel ist so begeistert, dass sie etwas durcheinander kommt. „Sie ist die erste Frau in dem Amt“, bemerkt sie, während Kramp-Karrenbauer redet. „Ach so, nee“, entfährt es ihr dann. „Das war ja ’ne echte Fehlleistung, oje, oje“ und korrigiert unter Gelächter: „Sie ist in der Tat die zweite, ja.“ Erste „Generalin“ der CDU war von 1998 bis 2000 Merkel selbst.

AKK tritt sehr selbstbewusst vor die Hauptstadtpresse: ein auffälliges Kleid, feste Stimme, klare Ansagen. Sie habe lange überlegt, ob sie das Regierungsamt im Saarland, für das sie lange gekämpft habe, verlassen könne. Doch dann habe sie Merkel um das Parteiamt gebeten und sich „sehr bewusst gegen den Eintritt ins Bundeskabinett entschieden“. Sie habe in der gegenwärtigen schwierigen Situation in Deutschland „ein klares politisches Signal“ setzen wollen, aus einem Staatsamt heraus ein Parteiamt zu übernehmen. Kramp-Karrenbauer muss am 26. Februar von den Delegierten auf dem Parteitag gewählt werden.

„Ich sehe meine Aufgabe auch darin, die CDU in der gesamten Breite zu stärken und zusammenzuhalten“, sagt Kramp-Karrenbauer. „Unser Anspruch ist es, eine selbstbewusste starke Volkspartei der Mitte zu sein.“ Die Mitte als politische Zielmarke, das ist klar Merkels Kurs. Doch die 55-Jährige sagt auch: „Wenn man das erreichen will, dann kann man niemanden in der Partei zurücklassen“, und spricht von einer nötigen Aufstellung „für das nächste Jahrzehnt“. Das letzte Grundsatzprogramm der CDU stammt von 2007.

In der Partei brach nach dem schlechten Wahlergebnis der Union, den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen mit FDP und Grünen und den Ergebnissen der
Koalitionsverhandlungen eine Führungs- und Kursdebatte los, die es durchaus in sich hatte. Namhafte CDU-Politiker forderten einen konservativeren Kurs, die Junge Union und der Wirtschaftsflügel auch eine personelle Neuaufstellung. Merkel musste handeln und kündigte vor einer guten Woche eine Erneuerung auch an Spitzenpositionen an.

Der bisherige Generalsekretär Peter Tauber war in den vergangenen Monaten schwer erkrankt, die Partei hielt dennoch an ihm fest. Doch nun kündigte er am Sonntag seinen Rückzug an. Als Ersatz war unter anderen der bisherige Finanzstaatssekretär Jens Spahn (37) im Gespräch, einer der konservativen Kritiker von Merkels Kurs. Er spricht am Montag von einem „guten Signal“ für die Partei. Präsidium und Vorstand stünden „loyal“ zur Kanzlerin. Möglicherweise wird Spahn in der künftigen Ministerriege der CDU bedacht, Merkel will am Sonntag die Namen nennen. Warum fiel die Wahl fürs oberste Parteiamt auf die Saarländerin? Merkels Antwort: „Wir kennen uns seit Langem, können uns aufeinander verlassen, selbst wenn jeder seinen eigenen Kopf hat.“ So ließ Kramp-Karrenbauer etwa Anfang 2012 entgegen dem Rat aus dem Kanzleramt die Jamaika-Koalition im Saarland bewusst platzen. AKK unterstützte die Flüchtlingspolitik Merkels im Jahr 2015, fährt aber in ihrem Bundesland durchaus eine harte Linie in der Migrationsfrage etwa bei der Altersbestimmung von minderjährigen Flüchtlingen. Die Mutter dreier Kinder ist seit August 2011 Regierungschefin in Saarbrücken.

Zwar will Merkel auf die Nachfolgedebatte nicht offen eingehen, sagt: „Ich habe die Hände voll zu tun, erstmal den Tag zu managen.“ Nächste Frage an AKK, ob sie sich mit dem Etikett der „Kronprinzessin“ anfreunden könnte: „Ich habe mich noch nie für Prinzessinnenrollen geeignet, schon früher in der Fastnacht nicht.“ Doch beide müssen lächeln.