München. Journalisten aus fast 80 Ländern haben Recherchen über Finanzgeschäfte mit Briefkastenfirmen auf Panama veröffentlicht - betroffen sind Prominente.

Spitzenpolitiker, Sportstars und Kriminelle sind nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung (hier klicken) und anderer Medien in Geschäfte mit Briefkastenfirmen in mehreren Steueroasen verwickelt. Ein enormes Datenleck habe die Tätigkeiten von 215 000 Briefkastenfirmen offengelegt, berichteten „Süddeutsche“, NDR und WDR sowie Medien aus 78 Staaten.

Zu den Profiteuren der Offshore-Dienste zählen laut ARD zwölf Staatsoberhäupter und 128 weitere Politiker, aber auch internationale Finanzinstitute, darunter deutsche Banken oder ihre Töchter. Die Recherchen der „Panamapapers“ basieren demnach auf einem Datenleck bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca. Laut ARD umfassen die ausgewerteten Unterlagen „E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente.

Die Daten legen laut NDR die Offshore-Geschäfte von insgesamt 140 Politikern und hohen Amtsträgern aus aller Welt offen. In den Unterlagen tauchten aber auch Namen von Spionen, Drogenhändlern und anderen Kriminellen auf. Zudem hätten zahlreiche Prominente und Sportstars Offshore-Firmen genutzt.

Ermittlungen der FIFA gegen eigenes Mitglied

Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes FIFA bestätigte der Deutschen Presse-Agentur interne Vorermittlungen gegen ihr eigenes Mitglied Juan Pedro Damiani aus Uruguay. „Ja, der Bericht ist richtig. Ich kann bestätigen, dass wir eine sogenannte Voruntersuchung in die Wege geleitet haben“, sagte der Sprecher der ermittelnden Kammer der Ethikkommission, Roman Geiser. Weitere Details nannte er nicht.

Der Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“, Georg Mascolo, sagte am Abend in der ARD-Sendung „Anne Will“, er gehe davon aus, dass von dem Einblick in das Geschäft in Steueroasen „ganz erheblich“ Sprengkraft ausgehe. Mascolo kündigte weitere Veröffentlichungen an. „Das was da in den nächsten Tagen zu lesen und zu hören sein wird, in der „Süddeutschen Zeitung“, in der ARD und auch anderswo, halte ich für sehr bemerkenswert, weil wir einen solchen Einblick in das Geschäft dieser Steueroasen bisher in diesem Umfang nicht gehabt haben.“

Der Enthüller des NSA-Skandals, Edward Snowden, schrieb auf Twitter:

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner twitterte:

Der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold forderte mehr Transparenz. „Es ist eine Schande, dass wir im Kampf gegen die elendige Steuerflucht auf solche Datenlecks angewiesen sind“, erklärte Giegold.

Die Tagesschau betont auf ihren Internetseiten, dass es viele legale Einsatzmöglichkeiten von Offshorefirmen, Trusts und Stiftungen gibt. „Politisch exponierte Personen können sowohl juristisch wie moralisch korrekt handeln, wenn sie diese nutzen.“ Es bestehe aber in solchen Fällen in der Regel Abklärungsbedarf. Dennoch: „Es gilt in jedem Fall bei den hier genannten Personen die Unschuldsvermutung.“

Die „Süddeutsche“ schreibt dazu: „Generell gilt: Der Besitz einer solchen Offshore-Firma ist für sich nicht illegal. Allerdings: „wer sich in den Panamapapers umsieht, stellt sehr schnell fest, dass es in der überwältigenden Zahl der Fälle vor allem um eines geht: zu verschleiern, wem die Firma in Wahrheit gehört.“ Die Daten belegten, wie die globale Offshore-Industrie im Verbund mit großen Banken, Anwaltskanzleien und Vermögensverwaltern, in aller Verschwiegenheit die Besitztümer von Prominten verwalte.

Staatsanwaltschaft Panama leitet Ermittlungen ein

Nach den Enthüllungen hat die Staatsanwaltschaft des mittelamerikanischen Landes Ermittlungen zu den Vorwürfen eingeleitet. „Nachdem Informationen zu den sogenannten „Panama Papers“ publik geworden sind, gibt die Staatsanwaltschaft den Beginn entsprechender Ermittlungen bekannt“, hieß es in einer Mitteilung der Behörde vom Sonntag.

Kanzlei-Teilhaber Ramón Fonseca Mora wehrte sich gegen die Vorwürfe. Sein Unternehmen helfe nicht bei Geldwäsche oder Steuerhinterziehung, sagte er im Fernsehsender TVN. Mossack Fonseca gründe lediglich Firmen und verkaufe sie dann an Banken, Vermögensverwalter oder Anwälte. Eine Geschäftsbeziehung zu den Endkunden bestehe nicht.

Seine Kanzlei sei seit 40 Jahren im Geschäft und habe bislang fast 240 000 Firmen gegründet. „Wir kümmern uns um den juristischen Teil und verkaufen sie dann an Zwischenhändler“, erklärte er. „Alle, die jetzt in den Veröffentlichungen auftauchen, sind keine Kunden von uns, sondern der Zwischenhändler.“

Fonseca räumte ein, dass die von mehreren Medien am Sonntag veröffentlichten Dokumente zum Teil aus seiner Kanzlei stammen. „Wir wurden gehackt. Das ist ein Verbrechen“, sagte der frühere Berater von Panamas Präsident Juan Carlos Varela. Er führt die Kanzlei gemeinsam mit dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack.

Panamas Staatschef Juan Carlos Varela sagte die volle Kooperation seines Landes bei der Aufklärung des Falls zu. „Die panamaische Regierung verfolgt eine Null-Toleranz-Politik in allen Bereichen des Rechts- und Finanzwesens, wo nicht mit einem höchsten Maß an Transparenz gearbeitet wird“, hieß es in einer Erklärung des Präsidialamts.

Für die Regierung sind die „Panama Papers“ ein harter Rückschlag in ihren Bemühungen, das mittelamerikanische Land als seriösen Finanzplatz zu positionieren. Zuletzt erließ sie eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen.

Dafür strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) Panama im Februar von der grauen Liste. Dort werden Staaten geführt, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen hinterherhinken.

„Wenn es zu einem juristischen Prozess kommt, wird die Regierung von Panama umfänglich kooperieren“, hieß es nun in der Stellungnahme. „Die Regierung von Präsident Juan Carlos Varela hat in den 21 Monaten ihrer bisherigen Amtszeit gezeigt, dass sie sich der Transparenz bei Finanzdienstleistungen verpflichtet fühlt.“ dpa