Berlin/Oslo. Das Komitee hat die Entscheidung bekannt gegeben: Der Friedensnobelpreis geht an die iranische Frauenrechtsaktivistin Narges Mohammadi.

Die iranische Frauenrechtsaktivistin Narges Mohammadi wird in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das gab das norwegische Nobelkomitee am Freitag bekannt. Sie bekommt den prestigeträchtigen Preis „für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran und ihren Kampf für die Förderung der Menschenrechte und der Freiheit für alle“, wie die Vorsitzende des Komitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Preisbekanntgabe in Oslo sagte.

Narges Mohammadi ist eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen im Iran und wurde bereits mehrfach inhaftiert. Aktuell verbüßt die 51-Jährige eine langjährige Haftstrafe im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran. Ende 2022, während der landesweiten Aufstände gegen Irans Machtapparat, brachte Mohammadi einen Bericht ans Licht, der mutmaßliche Folter an Dutzenden Frauen im Hochsicherheitsgefängnis aufdeckte.

Frauenrechtsaktivistin Narges Mohammadi ist mit dem Friedensnobelpreis 2023 ausgezeichnet worden.
Frauenrechtsaktivistin Narges Mohammadi ist mit dem Friedensnobelpreis 2023 ausgezeichnet worden. © NARGES MOHAMMADI FOUNDATION / AFP

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Verleihung des Preises an Mohammadi begrüßt. Die Auszeichnung zeige die „Kraft von Frauen für Freiheit“, erklärte Baerbock am Freitag im Onlinedienst X (vormals Twitter). „Mohammadis furchtlose Stimme lässt sich nicht wegsperren, die Zukunft des Irans sind seine Frauen“. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verwies auf die zahlreichen Inhaftierungen und erklärte auf X: „Mein Respekt gilt der diesjährigen Friedensnobelpreisträgerin — für ihren Mut und ihren Kampf für die Rechte der iranischen Frauen.“

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Derweilen forderten die Vereinten Nationen die Freilassung Mohamadis: „Frauen im Iran sind eine Inspiration für die Welt“, sagte Liz Throssell, Sprecherin des UN-Büros für Menschenrechte, am Freitag in Genf. „Wir haben ihren Mut und ihre Entschlossenheit angesichts von Repressalien, Einschüchterung und Gewalt gesehen.“ Der Fall Mohammadis zeige, welche großen Risiken Frauen auf sich nähmen, um sich für die Menschenrechte aller Iraner einzusetzen. „Wir fordern ihre Freilassung und die Freilassung aller Menschenrechtsverteidiger, die im Iran inhaftiert sind“, sagte sie.

Großes Geheimnis um den Nobelpreis

Im Vorfeld der Verleihung wurden internationale Gerichte und Menschenrechtsaktivistinnen wie Mohammadi hoch gehandelt. Insgesamt gingen laut dem Nobelkomitee 351 Nominierungen ein, davon 259 für Einzelpersonen und 92 für Organisationen. Wer unter den Nominierten ist, wurde von den Nobel-Institutionen bis zur Verkündung traditionell geheim gehalten.

Wer den Nobelpreis bekommt, ist vorab stets ein großes Geheimnis. Das führt alljährlich zu großen Spekulationen. Unter Wettanbietern wurde zuletzt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj als Favorit betrachtet. Friedensforscher hielten dies jedoch für eher unwahrscheinlich, weil sich Selenskyj mit der Ukraine weiterhin im Verteidigungskrieg gegen Russland befindet.

Auf der jährlichen Favoritenliste des Direktors des Osloer Friedensforschungsinstituts Prio, Henrik Urdal, stand unter anderem auch die Menschenrechtlerin Mahbuba Seradsch aus Afghanistan. Der Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri, Dan Smith, hielt — angesichts der zahlreichen Extremwetterereignisse in diesem Sommer — einen Friedensnobelpreis für den Klimaschutz für eine gute Idee.

Eine solche Preisvergabe würde den Fokus auf den Klimawandel und seine Verbindungen zu Unsicherheit und Konflikten richten, sagte Smith vor der diesjährigen Bekanntgabe der Deutschen Presse-Agentur. Sein Vorschlag: Die eine Hälfte des Nobelpreises könnte an die von der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg initiierte Klimabewegung Fridays for Future gehen, mit der anderen Hälfte könnte der wichtige Beitrag indigener Völker zu dem Thema geehrt werden, etwa in Person des brasilianischen Häuptlings Raoni Metuktire.

Der Friedensnobelpreis gilt als wichtigster politischer Preis der Erde. Er ist mit elf Millionen Schwedischen Kronen (rund 950.000 Euro) dotiert und wurde von dem schwedischen Chemiker und Industriellen Alfred Nobel (1833-1896) gestiftet. Im vergangenen Jahr wurden der belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki, die russische Organisation Memorial und das Center for Civil Liberties aus der Ukraine ausgezeichnet. (cha/daw/dpa/afp)

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