Washington. Der Neffe von John F. Kennedy glaubt, bei den Demokraten Biden ausstechen zu können. Warum sich RFK Junior gute Chancen ausrechnet.

Er entstammt einer legendären politischen Dynastie, ist der Neffe eines der berühmtesten US-Präsidenten aller Zeiten und hat nun Ambitionen, selbst den Chefsessel im Oval Office des Weißen Hauses zu erobern. In der Tat ist Robert Francis Kennedy (69) – unter Freunden und Kollegen als „RFK Junior“ bekannt - der einzige Demokrat, der zumindest theoretische Chancen hat, dem amtierenden Präsidenten Joe Biden gefährlich und im Präsidentschaftswahlkampf in den USA zum Spitzenkandidaten seiner Demokratischen Partei gekürt zu werden.

Der Widerstand gegen seine Kandidatur ist aber groß, nicht zuletzt in der eigenen Familie. Dort hält man den Verschwörungstheoretiker für eine Art „Donald Trump der Linken“.

USA: Er saß am Bett seines Vaters Robert, als dieser den Schusswunden erlag

Die Pflicht, sich politisch zu engagieren und irgendwann mit der Präsidentschaft zu liebäugeln, wurde Kennedy praktisch in die Wiege gelegt. RFK Junior war das dritte von elf Kindern. Vater Robert F. Kennedy (RFK) diente als Justizminister im Kabinett seines eigenen Bruders John F. Kennedy, der im November 1963 Opfer eines Attentats wurde, über dessen Drahtzieher und Hintergründe sich Historiker bis heute streiten.

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RFK Junior erinnert sich genau an den 5. Juni 1968, als er nur 14 Jahre alt war und fünf Jahre nach dem Onkel seinen eigenen Vater verlor. Nachdem der Präsidentschaftskandidat RFK kurz nach Mitternacht in Los Angeles von dem jordanischen Staatsbürger Sirhan Sirhan angeschossen wurde, ließ Vizepräsident Hubert Humphrey den Teenager in seiner Regierungsmaschine an die Westküste fliegen. Robert saß am Krankenbett seines Vaters, als dieser seinen Schusswunden erlag. Bei der Beerdigung war der Schüler einer der Sargträger und zitierte bei der anschließenden Gedenkfeier aus berühmtesten Reden von RFK, in dem damals viele den nächsten Präsidenten der USA sahen.

Robert F. Kennedy Jr., hier bei einer Wahlkampfveranstaltung in Boston, will US-Präsident werden.
Robert F. Kennedy Jr., hier bei einer Wahlkampfveranstaltung in Boston, will US-Präsident werden. © AFP | Joseph Prezioso

Die traumatischen Stunden prägten das Leben von Robert Francis Kennedy

Die traumatischen Stunden und Tage prägten den jungen Kennedy, der es als Berufung empfand, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, Jura zu studieren und sich politisch für sozialliberale Zwecke zu engagieren. Nach dem Studium arbeitete er zunächst als Staatsanwalt in New York, entwickelte aber nach Berichten über die Verseuchung des Hudson Flusses eine Leidenschaft für Umweltschutz. Als freiwilliger Helfer unterstützte er die Organisation Riverkeeper und trat dem National Resources Defense Council (NRDC) bei. Der NRDC unterstützt amerikanische Ureinwohner im Kampf gegen fossile Energieprojekte, die ihre Reservate bedrohen.

Nach dem Berufsstart bei der Staatsanwaltschaft wechselte der Jurist in die Privatwirtschaft und machte als Umweltrechtler eine steile Karriere. RFK Junior verklagte erfolgreich Industriegiganten wie General Electric, Exxon Mobil sowie den Pharmakonzern Monsanto wegen der Verschmutzung von Wasserwegen in mehr als 40 Ländern.

Berühmter Onkel: John F. Kennedy spricht während eines Flugs mit seinem kleinen Neffen Robert Francis (genannt Bobby).
Berühmter Onkel: John F. Kennedy spricht während eines Flugs mit seinem kleinen Neffen Robert Francis (genannt Bobby). © Bettmann Archive | Bettmann

Während der Pandemie fand er mit seinen Verschwörungstheorien ein Publikum

In die Schlagzeilen gelangte Kennedy während der Corona-Pandemie mit seiner Kampagne gegen Impfstoffe. Darin enthaltenes Quecksilber könne bei Kindern zu Autismus führen, meinte er, ohne Beweise für die Falschaussage vorzulegen. Auf Demos von Corona-Leugnern in Deutschland ließ er sich per Video zuschalten. Plötzlich stand er aber im Rampenlicht.

RFK hatte – wie auch Trump – entdeckt, dass Verschwörungstheorien ein Publikum finden. Weitere Hirngespinste ließen nicht lange auf sich warten: Geräte der Mobilfunkgeneration 5G würden den Geheimdiensten zur Massenüberwachung der US-Bevölkerung dienen, meinte er. Auch wiederholte er seine Überzeugung, dass der Geheimdienst CIA den Mord an seinem Onkel John F. Kennedy inszeniert habe und George W. Bush 2004 dem Demokraten John Kerry die Wahl gestohlen habe.

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Ende April gab Kennedy, der für weniger US-Militärinterventionen im Ausland plädiert und Biden die Verantwortung für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gibt, seine Kandidatur für das höchste Amt im Lande bekannt. Während der nächsten 18 Monate wolle er einen Kampf führen, „gegen die Verschmelzung unternehmerischer und staatlicher Macht, die unserer Nation eine neue Form von Feudalismus aufzwingen könnte“.

Mitglieder des Kennedy-Clans nennen seine Kandidatur „eine Blamage“

Gegen seine Kandidatur stemmen sich ausgerechnet Mitglieder der Kennedy Familie. „Er schlachtet Verschwörungstheorien aus, um berühmter zu werden und sich persönlich bereichern“ wettert Cousin Jack Schlossberg, der die Kandidatur „eine Blamage“ nennt.

Zugeschaltet auf einer Demonstration von Corona-Leugern im August 2020 in Berlin: Robert F. Kennedy Jr.
Zugeschaltet auf einer Demonstration von Corona-Leugern im August 2020 in Berlin: Robert F. Kennedy Jr. © AFP | John Macdougall

Ähnlich schätzen ihn auch Caroline Kennedy, Joe Kennedy III und Victoria Reggie Kennedy ein, die alle Biden unterstützen. Parallelen zu Trump sehen seine Verwandten nicht nur in seinen abstrusen Theorien, sondern auch wegenn seiner Hetzjagd gegen Medienorganisationen, die ihn unter Beschuss nehmen. Kritische Artikel beschimpft RFK als „Zensur“, zudem hat er Klagen gegen die Washington Post, den britischen Sender BBC sowie die Nachrichtenagentur Reuters eingereicht.

RFK Junior hofft auf die TV-Debatten

In einer Ära „alternativer Fakten“ und dubioser „Nachrichten-Portale“ in den sozialen Medien hat Kennedy aber ein Publikum mit einer nicht zu unterschätzenden Reichweite. Den jüngsten Umfragen zufolge würden 14 Prozent der demokratischen Wählerinnen und Wähler RFK Junior gern als Präsidentschaftskandidat ihrer Partei sehen. Er liegt damit deutlich hinter dem Spitzenreiter Biden, dem allerdings auch nur etwa die Hälfte den Zuschlag geben würde – ein schwacher Wert für einen amtierenden Präsidenten.

RFK Junior hofft nun auf die Fernsehdebatten, auf direkte Rededuelle der demokratischen Kandidaten. Wenn sie erst einmal beginnen, werde er seine Konkurrenz ausstechen. „Ich werde der nächste Präsident der Vereinigten Staaten“ sagt er – und scheint tatsächlich daran zu glauben.

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