Berlin. Russlands Fake News und Propaganda sollen die deutsche Gesellschaft spalten. Wir müssen den Umgang damit lernen – auch in den Schulen.

Die Nachrichten aus Osteuropa sind alarmierend: Die Slowakei sieht sich von russischer Desinformation überflutet. In Tschechien warnen die Geheimdienste, dass auch ihr Land ins Visier russischer „Trolle“ gerate. In Bulgarien verbreiten einer Studie zufolge fast 400 Webseiten gezielt russische Fake News und Propaganda. Der Informationskrieg des Kremls wird jedoch nicht nur in den Staaten des früheren Ostblocks geführt. Auch Deutschland steht im Fokus.

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine beobachten deutsche Sicherheitsbehörden dem Bundesinnenministerium zufolge „ein erhöhtes Aufkommen von Desinformation durch russische offizielle Stellen, staatliche und staatsnahe Medien sowie Kreml-nahe Accounts in sozialen Medien“.

Dabei bediene sich Russland vier Methoden: abstreiten, verzerren, ablenken und verunsichern. Um die Menschen hierzulande zu erreichen, umgehen staatliche russische Propagandamedien mit Tricks das für sie geltende Verbot in der EU. Was uns besonders sorgen muss: das Ziel der Verunsicherung.

Russische Desinformation: Das Gift soll in die Gesellschaft sickern

Es sind dabei nicht die großen Lügengeschichten, die bei uns für Verwirrung und Misstrauen sorgen sollen. Teil einer solchen geplanten Inszenierung war die Bundeswehr 2017 in Litauen geworden. Damals streuten in dem osteuropäischen Nato-Staat Unbekannte das Gerücht, dass in Litauen stationierte deutsche Soldaten eine Minderjährige vergewaltigt hätten. Die Vorwürfe stellten sich als frei erfunden heraus.

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Die russische Taktik für Deutschland sieht anders aus: Es ist der stetige Strom der gezielten Desinformation vor allem in den sozialen Medien, der wie ein Gift in unsere Gesellschaft einsickern soll. Das Ziel der russischen Einflussnahme ist, das Vertrauen in unsere Demokratie und ihre Vertreter zu zersetzen, die Menschen in Deutschland zu spalten.

Jan Dörner, Chefreporter in der Funke Zentralredaktion.
Jan Dörner, Chefreporter in der Funke Zentralredaktion. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Die Wut über die wirtschaftlichen Folgen des russischen Krieges auch für uns soll sich nicht gegen Kreml-Chef Wladimir Putin, sondern ins Innere richten. Das ist für diese Gesellschaft auch langfristig viel gefährlicher als etwa Bemühungen, Russlands Angriff auf die Ukraine zu rechtfertigen.

Besonders wachsam müssen wir sein, da russische Akteure, darunter auch staatliche Propagandamedien unter falscher Flagge, offenbar gezielt bei Kindern und Jugendlichen beliebte Online-Plattformen wie Tiktok nutzen, um Misstrauen, Zweifel und Zwietracht zu säen. Aufgabe der Behörden ist es, das Verbot staatlicher russischer Propagandamedien in der Europäischen Union konsequent durchzusetzen, damit nicht Ableger unter anderem Namen die Desinformation über Accounts in sozialen Medien, Webseiten und Podcasts weiterverbreiten.

Umgang mit Fake News auch in den Schulen lehren

Aber seien wir ehrlich: Die Verbreitung von Lügen und Fake News lässt sich in einem Staat, in dem Medien- und Meinungsfreiheit gelten, nicht durch die Behörden stoppen. Damit die Saat der Zwietracht nicht aufgeht, müssen wir Bürgerinnen und Bürger unsere Instinkte im Umgang mit Desinformation schärfen: Was steckt hinter der Botschaft – und besonders wer? Vor dem schnellen Weiterleiten einer Aufregernachricht gilt es, einmal kurz innezuhalten.

Diese Verantwortung können wir von Kindern und Jugendlichen oft nicht erwarten. Allerdings dürfte es für viele Eltern schwierig sein, ihrem Nachwuchs den richtigen Umgang mit den Gefahren von Desinformation und Propaganda in sozialen Medien beizubringen. Hier müssen Experten ran, die in die Schulen kommen. So bitter es ist, aber auch das gehört zu der Zeitenwende, die Russlands Krieg ausgelöst hat.

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