Berlin. Drei Millionen Minderjährige lebten zuletzt in Haushalten mit sehr niedrigen Einkommen. Die Linksfraktion spricht von einer „Schande“.

Angesichts von hoher Inflation, Pandemie und Flucht vor dem Ukraine-Krieg droht immer mehr Minderjährigen in Deutschland ein Leben in Armut. Das geht aus einer aktuellen Auswertung des Statistischen Bundesamtes hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Demnach waren im vergangenen Jahr hierzulande 3,08 Millionen Kinder und Jugendliche armutsgefährdet, das entsprach mehr als einem Fünftel der unter 18-Jährigen. Gegenüber dem Vorjahr nahm die Zahl der betroffenen Minderjährigen um 146.000 zu, gegenüber dem Jahr 2020 sogar um 302.000.

Die höchste Armutsgefährdungsquote in dieser Gruppe gab es den Angaben zufolge im Bundesland Bremen: Dort leben mehr als 40 Prozent der Minderjährigen in Haushalten mit besonders niedrigen Einkommen. Am geringsten war die Quote mit rund 14 Prozent in Bayern. In den Ländern Berlin, Niedersachsen und Thüringen lag sie jeweils über der 20-Prozent-Marke, in Hamburg und Nordrhein-Westfalen bewegte sich die Quote sogar bereits in Richtung 30 Prozent.

Kindergrundsicherung: Streit um Finanzierung dauert an

Als armutsgefährdet gelten nach international üblicher Definition Personen oder Haushalte, deren Netto-Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung beträgt.

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, Dietmar Bartsch, sprach angesichts der Zahlen von einem „traurigen Rekord“. Bartsch sagte unserer Redaktion: „Kinderarmut ist eine Schande für Deutschland! Ein Zukunftsrisiko für die gesamte Gesellschaft. Wir brauchen eine Politik der Nulltoleranz gegenüber Kinderarmut.“

Der Linken-Politiker forderte die Ampel auf, die geplante Kindergrundsicherung so schnell wie möglich einzuführen. Notwendig seien keine Almosen, sondern Armutsbekämpfung. „Familienministerin Paus muss konkret werden, Beträge und Leistungshöhen nennen. Da wird sich entscheiden, ob die Kindergrundsicherung der Ampel auch diesen Namen verdient.“

Im Rahmen der Kindergrundsicherung sollen mehrere familienpolitische Leistungen wie Kindergeld und Kinderzuschlag zusammengeführt und einfacher zugänglich gemacht werden. Die zuständige Ministerin Lisa Paus (Grüne) streitet noch mit FDP-Finanzminister Christian Lindner über die Finanzierung.