Berlin. Mit einer Aussage im Europarat sorgt Außenministerin Baerbock für Wirbel und befeuert russische Propaganda. Nicht ihre einzige Panne.

Annalena Baerbock galt lange Zeit als die große Klartext-Rednerin der deutschen Außenpolitik. Ob bei G20-Treffen oder vor den Vereinten Nationen: Die Grünenpolitikerin las Russlands Präsident Wladimir Putin wegen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine die Leviten wie kaum ein anderer.

Kurze Sätze, plakative Aussagen, lautete ihr Motto. Sie ordnete die Welt nach einem einfachen Muster: Hier die Guten (die westlichen Demokratien), dort die Bösen (Autokraten wie Putin oder Chinas Staatschef Xi Jinping). Über weite Strecken schien es, dass die auf allen internationalen Bühnen präsente deutsche Chefdiplomatin dem oft schmallippigen Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Schau stehlen würde.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Baerbock: „Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander“

Doch nun passierten ihr sprachliche Patzer und Ungeschicklichkeiten, die ihrem Image als wirkmächtige Formuliererin Kratzer zufügen. Am Dienstag sorgte sie im Europarat mit einer auf Englisch gehaltenen Aussage für Wirbel. „Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander“, erklärte die Außenministerin. Es klang zunächst, als wollte Baerbock dem Kanzler widersprechen. Der hatte zuvor immer wieder Mantra-artig betont: Deutschland sei nach den Leopard-Lieferungen genauso wenig „Kriegspartei“ wie die Nato.

Die Ministerin wollte mit ihrem Satz zum Zusammenhalt des Westens aufrufen. Doch er ließ Raum für Interpretationen – in politisch aufgeladenen Zeiten wie dem Ukraine-Krieg fatal. Das Auswärtige Amt versuchte zwar blitzartig zu beschwichtigen: Deutschland sei „keine Konfliktpartei“, teilte es per Tweet mit.

Moskau fordert eine Erklärung des deutschen Botschafters

Doch der Schaden war da. Die russischen Staatsmedien schlachteten das Baerbock-Statement genüsslich aus. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, forderte am Freitag eine Erklärung des deutschen Botschafters in Moskau zu „widersprüchlichen“ Aussagen aus Berlin. „Verstehen Sie selbst, wovon Sie da reden?“, schrieb Sacharowa spöttisch im Nachrichtenkanal Telegram.

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Eine weitere Panne kam hinzu. Das Auswärtige Amt veröffentlichte am Dienstag ein Tweet über die Reise des russischen Außenministers Sergej Lawrow nach Afrika. Der Russe habe sich nicht auf den Weg gemacht, um Leoparden zu sehen, sondern um seine Propaganda zu verbreiten, hieß es darin. Der Leopard war als Tier-Emoji dargestellt. Im Ministerium sah man in der visuellen Spielerei wohl einen originellen Gag.

Leoparden-Emoji des AA sorgt für Ärger in der Afrikanischen Union

Die Reaktion erfolgte prompt. Eine Sprecherin der Afrikanischen Union fragte, ob Baerbock wohl auch nur nach Afrika reise, um Tiere zu besichtigen. „Ist der afrikanische Kontinent (…) ein Witz für Sie?“ Das vernichtende Urteil: „Ein Außenministerium, das widerliche koloniale Klischees bedient, um geopolitische Punkte zu machen.“

Was man im Auswärtigen Amt hätte wissen müssen: Die afrikanischen Länder beziehen im Ukraine-Krieg keineswegs einhellig die Position des Westens. Viele sind anfällig für Putins Narrativ. Vor diesem Hintergrund war das Leopard-Emoji kurzsichtig, unsensibel und kontraproduktiv.

Nicht verwunderlich: Die politische Konjunktur scheint im Moment eher Scholz zu begünstigen. Nach der Panzerwende hat der Kanzler seine Reputation der Zögerlichkeit abgestreift. Laut ZDF-„Politbarometer“ kann die SPD auf 21 Prozent zulegen. Die Grünen rutschen auf 19 Prozent ab.