Außenministerin Annalena Baerbock beeindruckt beim G20-Treffen auf Bali mit klarer Botschaft, meint unser Autor Michael Backfisch.

Beim Treffen der G20-Außenminister auf Bali ist die tiefe Spaltung der Welt offen zutage getreten. Russlands Außenminister Lawrow provozierte erneut mit Moskaus Propagandanarrativ: Die Ukraine sei eine Marionette des Westens, der das Land mit Waffen vollpumpe, um Russland zu schaden.

Lawrow zelebrierte sich als Vertreter einer Weltmacht, die Konventionen und diplomatische Etikette mit Füßen tritt. Noch während der Replik von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verließ er demonstrativ den Sitzungssaal. Zuhören und sich der Kritik stellen gehört nicht mehr ins Repertoire russischer Politik.

Michael Backfisch, Politik-Korrespondent
Michael Backfisch, Politik-Korrespondent © Reto Klar | Reto Klar

Baerbock, die Deutschland im G7-Vorsitz repräsentierte, ließ Lawrow nicht vom Haken. Die Welt dürfe den Angriffskrieg auf die Ukraine nicht hinnehmen, mahnte sie. Andernfalls wäre dies ein „fatales Signal“ an alle Staaten, die von einem größeren Nachbarn bedroht würden.

Käme der russische Präsident Wladimir Putin damit durch, könnten die Autokraten zwischen Caracas, Ankara und Peking dies als Freifahrtschein für ihre eigenen imperialen Absichten interpretieren.

Baerbock rügt Russland als Verursacher der weltweiten Ernährungskrise

Die Außenministerin spielte aber nicht nur die Moralkarte. Sie rügte Russland auch als Verursacher der weltweiten Ernährungskrise – die Getreideexporte des wichtigen Weizenanbauers Ukraine werden derzeit durch die Moskauer Blockade der Schwarzmeer-Häfen lahmgelegt.

Es war richtig, dass Baerbock hier klar Stellung bezog und die Solidarität der G7 mit den ärmeren Ländern herausstellte.

Der Wettbewerb um Gleichgesinnte und Bündnispartner ist hart – aber nötig. Putin ist keineswegs für alle der Paria auf dem internationalen Parkett, als der er im Westen gern dargestellt wird. Wichtige Staaten wie China, Indien oder Südafrika haben Russlands Einmarsch in die Ukraine nicht verurteilt, sondern sich in der UN-Vollversammlung enthalten. Der Lockruf der billigen Energie und der schweren Waffen aus Russland wirkt. Indien unterhält daher enge Beziehungen zu Moskau.

Der Westen muss sich gegen die Moskauer Polit-PR aufstellen

Viele Länder in Afrika, Lateinamerika oder Asien kritisieren die westlichen Sanktionen gegen Russland. Ihre wirtschaftlichen Probleme wie Nahrungsmittelknappheit führen sie darauf zurück. Für Putin ist das ein gefundenes Fressen. Er stilisiert sich zum Vorkämpfer der Armen, Abgehängten und Unterdrückten.

Gegen diese Art der Moskauer Polit-PR muss sich der Westen aufstellen, indem er ärmere Länder nicht nur mit einem Werte­angebot, sondern auch mit Wirtschaftshilfen auf seine Seite zieht. Er sollte beim G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs Mitte November in Bali geschlossen auftreten. Er darf die Bühne nicht Putin & Co. überlassen. Baerbock hat mit ihrem Auftritt den richtigen Ton gesetzt.