Berlin. Deutschland unterstützt die Ukraine mit Schützenpanzern. Was kann der Marder, wo kommt er zum Einsatz – und folgen bald Kampfpanzer?

Lange hat sich Berlin geziert, am Ende war der Druck zu groß: Deutschland wird der Ukraine Panzer liefern. Nicht mehr länger geht es dabei um Flugabwehr und damit Verteidigung. Mit dem angekündigten Schützenpanzer vom Typ Marder soll die Ukraine in die Offensive gehen. Was kann der Panzer, wofür ist er zu gebrauchen – und weitet Deutschland seine Unterstützung noch mehr aus? Die wichtigsten Fragen.

Schützenpanzer Marder: Was kann der Kalte Krieger?

Der Marder ist in verschiedenen Varianten bei der Bundeswehr seit dem Jahr 1971 im Einsatz. Er war entwickelt worden, um den Panzergrenadieren ein Gefechtsfahrzeug an die Hand zu geben, das ausreichend Schutz bot, schnell genug war und um mit den Leopard-1-Kampfpanzern mithalten zu können.

Außerdem sollte der Marder Feuerunterstützung im Kampf gegen Infanterie, gepanzerte Fahrzeuge und Panzer leisten. In dieser Rolle diente das Fahrzeug im Kalten Krieg, im KFOR-Einsatz und später in Afghanistan.

Für seine Aufgaben verfügt der Marder über verschiedene Waffensyteme, etwa eine Maschinenkanone vom Kaliber 20-Millimeter, ein Lenkwaffensystem und ein Maschinengewehr. Ein Wärmebildgerät erlaubt zudem den witterungsunabhängigen Einsatz bei Tag und Nacht. Sechs Soldaten haben Platz im Fahrzeug, dazu kommt ein Fahrer, ein Richtschütze und der Kommandant.

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Marder in der Ukraine: Wo kommt er zum Einsatz?

Mit dem Marder können Soldaten im Gefecht schnell und vor Beschuss geschützt transportiert werden. Die Soldaten schützen Kampfpanzer ihrerseits vor feindlicher Infanterie, die von den schweren Fahrzeugen schlecht bekämpft werden können und deswegen eine große Bedrohung darstellen – eine Erfahrung, die die russische Armee gerade zu Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine gemacht hat.

In der Schlacht um Kiew etwa war es immer wieder Infanterie, die den russischen Panzertruppen mit schultergestützen Panzerabwehrwaffen schwere Verluste zufügte.

Panzergrenadiere der Bundeswehr sitzen bei einem Manöver in Sachsen-Anhalt von ihrem Marder ab (Archivbild).
Panzergrenadiere der Bundeswehr sitzen bei einem Manöver in Sachsen-Anhalt von ihrem Marder ab (Archivbild). © IMAGO / Sven Eckelkamp

Die Marder und ihre Besatzungen kommen also an forderster Front zum Einsatz. Kiew hat immer wieder betont, dass die gesamte Ukraine von russischer Besatzung befreit werden solle. Das schließt zunächst einmal die seit Februar 2022 von Russland eroberten Gebiete im Osten des Landes ein, sowie den seit 2014 de facto besetzen Donbass.

In den weiten Flächen dort braucht die Ukraine für ihre im Frühjahr 2023 geplanten Offensiven Kampf- und Schützenpanzer. Der Marder dürfte also genau hier zum Einsatz kommen. Militärexperte Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), die Lieferung sei zwar nicht kriegsentscheidend. "Aber es erleichtert Gegenoffensiven der Ukrainer im Osten und im Süden."

Marderlieferungen: Wann und wieviele Fahrzeuge bekommt Kiew?

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Freitag in Berlin, es gehe um etwa 40 der Waffensysteme, mit denen ein Bataillon ausgestattet werden könne. Die dazu in Deutschland geplante Ausbildung ukrainischer Soldaten werde nach Einschätzung von Fachleuten etwa acht Wochen dauern.

Hersteller Rheinmetall hatte im Sommer 100 der Fahrzeige angeboten, von diesen sind 40 in einem Ringtausch an die griechische Armee übergeben worden.

Will die Bunderegierung sich nicht bei den Beständen der Bundeswehr – die den Marder ebenfalls dringend braucht – bedienen, bleiben also 60 Fahrzeuge. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Nils Schmid sagte am Freitag im rbb: "Wir gehen davon aus, dass es etwa 40 sein werden, auf die die Bundeswehr verzichten kann, beziehungsweise auf die aus Industriebeständen zurückgegriffen werden kann."

Ganz klar ist noch nicht, wo die Fahrzeuge am Ende herkommen werden. Rheinmetall ist aktuell damit beschäftigt, die griechischen Marder in Stand zu setzen. Eine mögliche Lösung wäre, dass die Bundeswehr nicht benötigte Fahrzeuge abgibt und diese zu einem späteren Zeitpunkt aus Beständen der Industrie ersetzt bekommt.

Zum Lieferzeitpunkt sagte Hebestreit, die Marder sollen der Ukraine noch in den ersten drei Monaten des neuen Jahres überlassen werden. "Zeit ist der kritische Faktor", sagte Masala am Donnerstagabend im ZDF. Der deutsche Schützenpanzer könnte für die ukrainische Offensive einen entscheidenden Unterschied machen.

Bundeswehrsoldaten trainieren den Häuserkampf auf den Truppenübungsplatz Bergen, Niedersachen (Archivbild).
Bundeswehrsoldaten trainieren den Häuserkampf auf den Truppenübungsplatz Bergen, Niedersachen (Archivbild). © IMAGO / Björn Trotzki

Panzer für die Ukraine: Macht der Marder nur der Anfang?

Mit der Zusage, der Ukraine nun Schützenpanzer zu liefern, bricht die Bundesregierung mit ihrer bisherigen Haltung. Bislang war Berlin darauf bedacht gewesen, die Ukraine vor allem in Abwehrwaffen auszustatten, etwa mit dem Flakpanzer Gepard, dem Flugabwehrsystem Iris-T oder jetzt auch Patriot-Flugabwehrbatterien.

Der Marder passt nicht mehr in diese Reihe. Zwar lässt er sich auch zum Schutz von Objekten einsetzen, stellt aber eine Waffe dar, mit der offensive Operationen möglich sind und werden sollen: Die USA wollen ebenfalls Schützenpanzer liefern, Frankreich hat Spähpanzer angekündigt. Der Westen, das ist seit Donnerstag klar, will der Ukraine nicht mehr länger nur die Verteidigung ermöglichen, sondern sie bei der Rückeroberung von Gebieten unterstützen.

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Ob es für Deutschland nur beim Marder bleibt, scheint fraglich. Die Ukraine wünscht sich seit langem den Leopard 2, mindestens aber das Vorgängermodell Leopard 1. Masala sagte dem RND dazu, das "Gerede", wonach der russische Präsident Wladimir Putin den Krieg eskalieren werde, wenn bestimmte Waffensysteme geliefert würden, sei jetzt endgültig vom Tisch. "Das öffnet auch die Tür für andere Waffenlieferungen. In zwei Monaten reden wir möglicherweise über Kampfflugzeuge und Kampfpanzer."

Verfügbar wäre das System wohl schnell. Rheinmetall-Chef Armin Papperger stellte im Sommer 2022 im "Handelsblatt" in Aussicht, dass der Leopard 1 in sechs Wochen geliefert werden könne.

In Berlin mehrten sich zuletzt ebenfalls Stimmen, die eine Ausweitung der deutschen Unterstützung forderten. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte, sie begrüße, dass "speziell das Kanzleramt" den Weg für die Lieferung der Marder frei gemacht habe. "Es kommt sehr spät, aber nicht zu spät. Unser Einsatz hat gewirkt", schrieb sie auf Twitter, betonte aber zugleich: "Wir lassen nicht locker. Nach dem Marder kommt der Leopard."

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