Peine. Zum Osterfest ermutigen die Kirchen im Peiner Land, Gemeinschaft neu wertzuschätzen.

„Wir Christen sind Protestleute gegen den Tod.“ Der Theologe Christoph Friedrich Blumhardt (1842–1919) sagte, die Christen hätten allen Grund, wachsam zu sein, wenn das Leben der Schöpfung, wenn unser Zusammenleben etwa durch Hass und Gewalt bedroht werde.

Dr. Volker Menke, Superintendent des Kirchenkreises Peine, greift das Wort zum Osterfest 2021, im zweiten Corona-Jahr, auf. Zu den „Mächten“, die die Menschheit bedrohen, zählt er auch die Corona-Pandemie. Der Glaube an die innere Widerstandskraft könne helfen, solche Bedrohung zu überwinden, geraubte Lebensfreude zurückzugewinnen. Das versuche die Kirche zu vermitteln.

Menke stellt fest, dass die Menschen nach lebendiger Gemeinschaft hungern – in der Kirche wie auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Moderne Computertechnik helfe zwar sehr, Entfernungen zu überwinden, ersetze aber nicht Gemeinschaft und Nähe. Nach „Corona“ sieht Menke die große Chance, Gemeinschaft zwischen den Menschen untereinander neu zu entdecken – und wertzuschätzen. „Das müssen wir lernen.“

„Nähe ist keine Frage der Entfernung“

Karfreitag und Ostern – Tod und Wiederauferstehung: Für die Vechelder Pröpstin Pia Dittmann-Saxel ist diese Botschaft auch und gerade in diesen Corona-Zeiten von enormer Symbolkraft. „Im Leben gibt es – trotz aller Leiden, trotz der Schmerzen – einen Ausweg, verdeutlicht durch die Wiederauferstehung“, ist die evangelische Geistliche überzeugt. Und es sei „mit dem Tod nicht alles vorbei, alles aus“.

Gerade weil Ostern für Christen wegen dieser an sich lebensbejahenden Botschaft das wichtigste Fest überhaupt sei, haben die Kirchengemeinden in der Propstei – sie umfasst in erster Linie die (politischen) Gemeinden Vechelde und Wendeburg sowie einige Braunschweiger Ortschaften – zu diesem Anlass Veranstaltungen ganz unterschiedlicher Art auf die Beine gestellt: Sie alle eint aber, dass sie Corona-gerecht über die Bühne gehen.

Der Syrer Omar Aboud zeigt einen Teil seiner Kameraausrüstung.
Der Syrer Omar Aboud zeigt einen Teil seiner Kameraausrüstung. © Bernd Stobäus | Archiv

Wie das Programm im Einzelnen aussieht, darüber entscheiden die Kirchenvorstände in den einzelnen Gemeinden eigenverantwortlich: Die Palette reicht von Präsenzgottesdiensten mit Maske und Abstand in den Kirchen über den Verzicht darauf – stattdessen das Abholen der Predigttexte an der Kirche oder Online-Gottesdienste. So werden in Denstorf/Klein Gleidingen/Groß Gleidingen sowie in Wahle/Sophiental keine Gottesdienste in der Kirche mit Publikum stattfinden, in Vechelde hingegen sehr wohl (aber ohne Singen).

„Vielen Menschen ist es wichtig, Kirche im Gottesdienst zu erleben, sich gegenseitig zu sehen“, ist Pia Dittmann-Saxel überzeugt angesichts der Kontaktbeschränkungen während der Pandemie: „Sie wollen den Kirchenraum, die Gemeinschaft erleben.“ Das gelte, auch wenn die Propstei mit ihren rund 22.000 Mitgliedern immer wieder darauf hinweist: „Nähe ist keine Frage der Entfernung.“

Gemeinschaft ist eigentlich auch untrennbar mit einer Konfirmationsfeier verbunden. „In Vechelde haben wir daher unsere Konfirmationsfeiern auf Juli verschoben“, berichtet Pia Dittmann-Saxel – und setzt fast flehentlich hinzu: „Wir hoffen auf den Sommer.“ In Gottes Namen. Im vergangenen Jahr mussten die Feiern nach den Sommerferien stattfinden im September.

Hostien, eingepackt in Plastik, in denen der Wein schon verbacken ist

Verschiebungen gab es auch in der Gemeinde Lengede zuletzt immer wieder. Claus-Dieter Sonnenberg, Pfarrer der evangelischen Gemeinden in Broistedt, Barbecke und Engelnstedt, wird allerdings im Mai eine Konfirmation machen. „In Absprache mit den Eltern, und es sind nur zwei“, betont der Pfarrer. Weitere Konfirmationen wurden in den Herbst verlegt.

Für das Abendmahl der Mai-Konfirmation gibt es eine coronabedingte Besonderheit: Hostien, eingepackt in Plastik, in denen der Wein schon verbacken ist. „Das ist aber nur eine Zwischenlösung“, sagt Claus-Dieter Sonnenberg.

Bei den für viele Gläubige so wichtigen Ostergottesdiensten ist er froh, dass die am Karfreitag und am Ostersonntag und -montag stattfinden dürfen. „Alle davor wären auch möglich gewesen, aber das haben wir abgesagt.“ Quasi aus Solidarität mit den politischen Entscheidungen wegen der Coronalage.

Anmeldungen sind für die Ostergottesdienste in Broistedt, Barbecke und Engelnstedt nicht nötig. Es gelten aber die üblichen Corona-Regeln. Dazu gehört auch: kein Gemeinde-Singen, kein Abendmahl.

Das Thema Vereinsamung spielt eine große Rolle in den Gedanken und beim Handeln des Pfarrers. „Das ist für viele schon ganz schön schwer, besonders weil kein Licht in Sicht ist!“ Das viele Hin und Her wegen Corona strenge die Menschen an. Deswegen will der Pfarrer die Auflagen für die aktuelle Teilnahme am kirchlichen Leben so gering wie möglich halten.

Und er hat festgestellt bei den derzeit unter Auflagen erlaubten Gottesdiensten: „Die, die sonst immer kommen, sind jetzt nicht da.“ Gerade ältere Menschen hielten Aufwand und die Angst davon ab. „Derzeit kommen eher Eltern mit den Konfirmanden.“ Deswegen macht Claus-Dieter Sonnenberg mehr Hausbesuche oder spricht Gemeindemitglieder auf der Straße an.

Es seien oft nur kurzfristige Absprachen möglich. „Man muss halt immer andere Lösungen finden und damit umgehen“, sagt Claus-Dieter Sonnenberg. In Broistedt, wo auch der Pfarrsitz ist, ist die Kirche von
9 bis 18 Uhr für alle geöffnet.