Wolfsburg. VW-Vertriebsvorstand soll den Clip auf seinem Twitter-Account veröffentlich haben. Dort habe es früh Rassismus-Hinweise gegeben.

VW-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann soll schon Anfang Mai Kenntnis vom umstrittenen Werbeclip gehabt haben, auf dem ein Schwarzer von einer weißen Hand durch das Bild geschnippt wird. Wie der „Spiegel“ berichtet, wurde der Clip unter dem Namen Stackmanns am 8. Mai auf Twitter veröffentlicht. Und nicht nur das: Schon dort soll es von Nutzern den Hinweis gegeben haben, dass das Video rassistisch ist.

Wenig später wurde das Video über Instagram einer größeren Öffentlichkeit bekannt und entwickelte sich für VW zu einem Skandal. Schon damals reagierte der VW-Betriebsrat mit scharfer Kritik auf das Video. Ein Sprecher der Arbeitnehmervertreter sagte am 24. Mai unserer Zeitung, dass „ja ganz offensichtlich auch VW-intern Fehler passiert sind“. Dass auch Vertriebsvorstand Stackmann eine Rolle gespielt haben könnte, war seinerzeit noch kein Thema.

Von VW hieß es am Dienstag zu den Vorwürfen gegen den Vertriebsvorstand: „Die Konzernrevision untersucht zurzeit den Fall des rassistischen Videoclips. Es wird der komplette Zeitraum betrachtet: von der Entstehung des Videos, bis zur ersten Veröffentlichung bis zur berechtigten Kritik und der Reaktion des Unternehmens am 19. Mai.“ Dazu gehöre auch der Tweet am
8. Mai auf dem Twitter-Account Stackmanns. „Der Account von Jürgen Stackmann wird professionell gemanagt. Über den Hinweis und die Löschung des von der Fachabteilung freigegebenen Videos war Herr Stackmann nicht informiert worden“, schrieb VW weiter. Weitere Details seien Gegenstand der Untersuchung der Konzernrevision. „Die ersten Ergebnisse erwarten wir Ende dieser Woche. Volkswagen wird für eine transparente und lückenlose Aufklärung sorgen.“

Der Betriebsrat reagierte am Dienst erneut mit scharfer Kritik auf die Vorgänge beim Autobauer. „Der rassistische Werbeclip ist ein Tiefpunkt für das Unternehmen Volkswagen. Der Mini-Film hätte nie konzipiert, nie produziert, nie abgenommen, nie gepostet werden dürfen“, heißt es in einer Stellungnahme auf Anfrage unserer Zeitung.

Auch die erste Reaktion des Unternehmens auf die Rassismus-Vorwürfe sei falsch gewesen. VW hatte sich zwar entschuldigt, die Verantwortung aber der beauftragten Agentur übertragen. „Man müsste erwarten können, dass Inhalte dieser Art eine internationale, kompetente Agentur mit Hauptsitz in den USA gar nicht erst verlassen“, sagte damals ein Unternehmenssprecher.

Dass das rassistische Video Anfang Mai auf Stackmanns Twitter-Account veröffentlich worden sei bezeichnet der Betriebsrat als „neue, besorgniserregende Facette“. „Der Konzernbetriebsrat warnt aber vor vorschnellen Schlüssen. Für Herrn Stackmann gilt die Unschuldsvermutung. Er ist als Chef bei den Kolleginnen und Kollegen wegen vieler Verdienste zurecht beliebt. Mit seinen schon vor vier Jahren begonnenen Aktivitäten auf Twitter ist Herr Stackmann zudem bisher Vorreiter und Vorbild gewesen“, schrieb der Betriebsrat.

Und weiter: „Auch wir können uns derzeit nur schwer vorstellen, dass Herr Stackmann – mit Rassismus-Vorwürfen gegen einen seiner Tweets vor Augen – nicht entsprechend konsequent gehandelt hätte. Klar ist aber: Herr Stackmann wird nun persönlich erklären müssen, was er wusste von dem Post auf seinem Twitter-Account, den Reaktionen darauf, vom Löschen des Beitrags und dem weiteren Umgang damit.“

Das Unternehmen müsse nun bedacht sein, den Fall umfassend aufzuklären. „Rassismus und alles, was auch nur den Anschein darauf erweckt, ist eine Krankheit und gehört überall mit aller Macht bekämpft. Im Fall des VW-Werbeclips wird es ein erster wichtiger Schritt sein, rasch unsere interne Aufklärungsarbeit sichtbar werden zu lassen.“ Hiltrud Werner, VW-Vorständin für Integrität und Recht, habe bereits für Ende dieser Woche erste Ergebnisse angekündigt.

Als Konsequenz aus diesem Vorgang fordert der Betriebsrat nun eine neue Gestaltung der Schnittstelle zwischen Kommunikation und Marketing. „Der Vorfall insgesamt zeigt, dass Volkswagen seine Arbeit rund um Social Media gerade an der Nahtstelle zum Marketing optimiert aufstellen muss, so wie sie es mit genügend Weitsicht schon längst verdient hätte“, betonte der Betriebsrat.

Dabei gehe es um Budget und Stellen, aber vor allem auch um die richtige Denkweise in der Chefetage. „Twitter, Instagram und Co. sind kein Abwurfplatz für Pressemitteilungen und hübsche Fotos. Sondern ein höchst ernstzunehmender Marktplatz für den Wert des Unternehmens – und für unsere Werte in der Volkswagen-Kultur. Zwei von unseren sieben Grundsätzen im Konzern beschäftigen sich mit Aufrichtigkeit und Wort halten. Selbstverständlich ist genau das jetzt auch die Messlatte für den weiteren Umgang mit dem Skandal.“