Salzgitter. Der Nutzfahrzeugbauer kündigt Kurzarbeit auch in Salzgitter an. Am Montag soll die Produktion gestoppt werden.

Das Coronavirus versetzt Salzgitter in den Krisenmodus. Die Salzgitter AG plant, die Stahlproduktion in den nächsten Tagen zurückzufahren. Der Nutzfahrzeug-Hersteller MAN will nach eigenen Angaben ab nächstem Montag seine Produktionsstätten in Deutschland schließen und Kurzarbeitergeld beantragen. Zur Dauer äußerte sich das Unternehmen nicht. Davon betroffen ist auch das Komponentenwerk in Salzgitter, das in direkter Nachbarschaft der Salzgitter AG liegt. In Salzgitter beschäftigt MAN etwa 2500 Mitarbeiter.

Ein Sprecher des Stahlkonzerns sagte am Mittwoch unserer Zeitung, dass das Unternehmen im Moment zwar noch gut zu tun habe. Dennoch werde intern über eine Drosselung der Produktion diskutiert. Grund: Das Herunterfahren, aber auch das Hochfahren der beiden Hochöfen erfordere viel Vorbereitung und müsse langsam erfolgen, damit keine Schäden an den Aggregaten entstehen. Die Entwicklung werde im Unternehmen genau beobachtet und täglich neu bewertet, sagte der Salzgitter-AG-Sprecher. Zu möglicher Kurzarbeit äußerte sich der Sprecher nicht. Im Werk Salzgitter beschäftigt der Stahlkonzern rund 5800 Menschen.

Zur Betreuung von Kindern, die durch Kindergarten- und Schulschließungen betroffen sind, könnten Mitarbeiter der Verwaltung nach seinen Angaben, soweit technisch möglich, von zu Hause aus arbeiten. Beschäftigte in der Produktion könnten Urlaub beantragen, Überstunden abbauen oder die Gleitzeitkonten nutzen.

Noch angespannter ist die Lage bei MAN. Wie das Unternehmen mitteilte, soll die Produktion in Deutschland ab Montag gestoppt werden. Nach Angaben eines Sprechers gehe es darum, die Mitarbeiter vor einer Corona-Ausbreitung zu schützen. Außerdem müsse mit einer Unterbrechung der Lieferketten gerechnet werden.

Fest steht demnach bisher, dass auch die Komponentenfertigung in Salzgitter unterbrochen wird. Mitarbeitern aus der Verwaltung sollen flexible Arbeitszeitregelungen ermöglich werden, außerdem bestehe die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Nach MAN-Angaben soll der Betrieb in den Service- und Vertriebsstandorten so lange wie möglich aufrechterhalten werden. Vor diesem Hintergrund werde auch geprüft, wie es mit dem MAN-Ersatzteilzentrum in Salzgitter weitergeht, das neben der Komponentenfertigung angesiedelt ist. Von Salzgitter aus werden MAN-Ersatzteile in die ganze Welt geliefert, eine Unterbrechung hätte daher weitreichende Folgen.

MAN kündigte an, Kurzarbeitergeld zu beantragen. In Kurzarbeitsphasen erhalten betroffene Arbeitnehmer ohne Kinder 60 Prozent ihres Verdienstausfalls, Arbeitnehmer mit Kindern 67 Prozent. Das gilt sowohl für einen Teil- als auch für einen Totalausfall des Entgelts. Dazu zwei grobe Beispielrechnungen: Verdient ein Arbeitnehmer regulär monatlich 2000 Euro netto, dann erhält er bei 100 Prozent Kurzarbeit 1200 Euro beziehungsweise 1340 Euro Kurzarbeitergeld. Bei 50 Prozent Kurzarbeit bekäme er 1000 Euro Nettogehalt und zuzüglich 600 Euro beziehungsweise 670 Kurzarbeitergeld.

In einigen Fällen haben in der Vergangenheit von Kurzarbeit betroffene Unternehmen das Kurzarbeitergeld aufgestockt. Nach MAN-Angaben wird aktuell mit Arbeitnehmervertretern und Behörden über die Details der Vereinbarungen gesprochen. Zu einer möglichen Erhöhung des Kurzarbeitergeldes äußerte sich das Unternehmen daher nicht.

MAN befindet sich derzeit auch ohne die Coronakrise in einer angespannten Situation. Das Tochterunternehmen des VW-Konzerns steht mitten in einer Umbruchphase. Nach Unternehmensangaben sind hohe Investitionen erforderlich, um Zukunftsthemen wie Digitalisierung, alternative Antriebe und das autonome Fahren nach vorne zu treiben.

Außerdem hat MAN Nachholbedarf bei seiner Profitabilität. Das deutete VW-Finanzvorstand Frank Witter am Dienstag auf der Bilanz-Pressekonferenz des VW-Konzerns an. Die von MAN im vergangenen Jahr erreichte Rendite von 3,2 Prozent sei nicht „vollends befriedigend“, sagte er. Daher müsse MAN sein Geschäft stärken.

Die Konsequenz: Der Nutzfahrzeugbauer plant den Abbau zahlreicher Stellen. Nach Informationen unserer Zeitung sollen in Europa bis zu 6000 Arbeitsplätze zur Disposition stehen. Betroffen vom Stellenabbau ist auch der Standort Salzgitter. Weltweit beschäftigt MAN 37.700 Mitarbeiter, etwa 20.000 davon in Deutschland.