Braunschweig. Batterieforschung in unserer Region: Seit 2008 befasst sich das DLR auch in Braunschweig mit den Energiespeichern.

Smartphone ohne Batterie? Schwierig. Hörgerät ohne Batterie? Auch schwierig. Elektro-Auto ohne Batterie? Schwierig, was sonst. Was lernen wir? Batterien gehört die Zukunft. Um Leistungsfähigkeit, Kosten und die Alltagstauglichkeit von Batterien zu verbessern, arbeiten in unserer Region Unternehmen, Hochschulen und andere Forschungsinstitute an den wiederaufladbaren Energiespeichern. Obwohl es der Name nicht gleich verrät, gehört auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) dazu.

DLR-Vorstand Professor Karsten Lemmer.
DLR-Vorstand Professor Karsten Lemmer. © Peter Sierigk | Peter Sierigk

Bundesweit unterhält das DLR 27 Standorte, insbesondere 5 von ihnen befassen sich seit 2008 mit der Batterieforschung. Darunter ist auch der DLR-Standort am Forschungsflughafen Braunschweig-Wolfsburg. „Wir decken das Spektrum vom Material bis hin zu maßgeschneiderten Batterie-Systemen für stationäre und mobile Anwendungen ab“, erläutert Professor Karsten Lemmer, der im DLR-Vorstand für die Themen Energie und Verkehr verantwortlich ist, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Auf der Aufgabenliste für die Forscher stehen unter anderem die Materialauswahl, die Gestaltung der Batterien, die Vernetzung der Batteriezellen, das Verhalten bei Umwelteinflüssen wie Temperatur und Strahlung – etwa im Auto oder auch in Satelliten – sowie die Kenntnis der chemischen Vorgänge innerhalb der Batterien.

Die grundsätzliche Aufgabe der DLR-Wissenschaftler: Sie sollen dafür sorgen, dass Batterien eine möglichst lange Lebensdauer haben, eine hohe Leistungsfähigkeit, möglichst leicht sind sowie sicher und günstig. Außerdem sollen Batterien Energie schnell aufnehmen und auch wieder abgeben können, punktgenau immer dann, wenn es erforderlich ist – etwa beim Beschleunigen eines Elektroautos. Und nicht zuletzt sollen die Batterien für die Großserienproduktion geeignet sein. Eigenschaften, die nicht automatisch zueinander passen und zu Konflikten führen.

Dass das DLR sich dem Thema zugewandt hat und die Forschung ausweitet, liegt auf der Hand. Durch immer mehr mobil anwendbare elektrische Geräte, durch den Ausbau der Elektro-Mobilität und durch die Energiewende sind Batterien immer öfter technisches und auch wirtschaftliches Herzstück. Ohne leistungsfähige Batterien wäre zum Beispiel die Elektro-Mobilität nicht wettbewerbsfähig.

Mit den zunehmenden Anwendungen steigen auch die technischen Erwartungen an Batterien. In E-Autos einfach ein paar Starterbatterien zusammenzuschließen, würde nicht funktionieren. Da gibt es nicht nur Gewichtsprobleme. „Konventionelle Autobatterien haben zwar eine hohe Energiedichte, aber nur eine kurze Lebensdauer“, beschreibt Lemmer einen der Konflikte.

Um die zu lösen, entwickelt das DLR zum Beispiel Materialien von Elektroden. Das sind die Bauteile einer Batterie, mit denen der Anschluss an die gespeicherte Energie erfolgt – die Elektrode ist der elektrische Kontakt. Dabei geht es nicht nur um die aktuell genutzten Lithium-Ionen-Batterien, sondern auch um neue Konzepte wie Aerogele.

Lemmer: „Dieses geleeartige Material erinnert an Marshmallows. Der Vorteil: Auch bei kleinem Volumen entstehen im Inneren große chemisch aktive Oberflächen, wenn Schwefel als Kathodenmaterial hineingefüllt wird.“ Klingt gut, wirft aber gleich den nächsten Konflikt auf. „Die Zyklenfestigkeit ist noch ein Problem“, sagt Lemmer. Soll heißen: Die Batterien können nur begrenzt ge- und entladen werden. „Weil beim Laden der Schwefel herausgespült wird.“

Das schreckt die Wissenschaftler aber nicht ab, perspektivisch sieht Lemmer viel Potenzial in Aerogelen. „Wir halten es für möglich, dass sie in Bodenbleche von Fahrzeugen gegossen und anschließend gebacken werden. Das wäre eine optimale Nutzung des Bauraums“, sagt er.

Andere Konflikte sind die Kosten und die Nachhaltigkeit. Das Verringern oder der Ersatz von aktuellen Batterie-Materialien wie Lithium, Kobalt oder Nickel würde Batterien nicht nur günstiger machen, sondern könnte auch die Umwelt schützen. Lithium wird unter anderem in Südamerika in Salzseen gewonnen, dadurch veröden Landstriche, Menschen und Tiere verlieren den Zugang zu Trinkwasser. Auch der Abbau von Kobalt im afrikanischen Kongo ist problematisch, die Stichworte lauten Kinderarbeit und Umweltzerstörung. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Batterie-Recycling an Bedeutung, um Rohstoffe zurückzugewinnen.

Daher befasst sicht das DLR in enger Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig mit dem gesamten Lebenszyklus von Batterien. Neben experimentellen Untersuchungen gewinnt die computergestützte Forschung an Bedeutung. Die inneren Vorgänge und der Lebenszyklus einer Batterie werden komplett simuliert.

Chemische und physikalische Eigenschaften, Materialien, Gestaltung, Verhalten im Alltagsbetrieb und vieles mehr könne vom Computer errechnet werden, noch bevor eine Batterie als Prototyp gebaut wird, erläutert Lemmer. Nicht nur auf grundsätzliche, sondern auch auf praktische Fragen sollen Antworten gefunden werden: Zum Beispiel, ob es einen idealen Ladestrom während des Ladevorgangs gibt, oder ob ein Kühlen der Batterie während des Ladens hilfreich ist. „Unsere Simulationen sind international wettbewerbsfähig“, betont Lemmer. Sie seien eine große Hilfe bei der Suche nach dem Kompromiss, der alle technischen und wirtschaftlichen Anforderungen an eine Batterie möglichst nah zusammenführt.

Ein weiteres Thema der DLR-Forschung ist das automatische Batterie-Management – zum Beispiel eine Steuerung für das schnelle Laden. Dabei spielen Faktoren wie Sicherheit und Lebensdauer eine große Rolle. Batterien mögen es, wenn sie möglichst gleichförmig ge- und entladen werden. „Sonst droht Überhitzung und Beschädigung“, sagt Lemmer. Überhitzen kann auch schnell zu einem Brand führen. „Deshalb sollten einzelne Zellen abgeschaltet werden können“, beschreibt Lemmer eine weitere Aufgabe des Batterie-Managements. Solch ein System solle auch verhindern, dass eine Batterie zu voll geladen oder zu tief entleert wird. Beides wirke sich negativ auf die Lebensdauer der Batterie aus.

Lemmer betont, dass trotz des Aufwands für die Batterieforschung andere Antriebskonzepte nicht vernachlässigt werden dürften. „Wir müssen für die Mobilität der Zukunft alle möglichen Lösungen erforschen und vergleichen“, fordert er. So hält er zum Beispiel einen Einsatz der Brennstoffzelle in Fahrzeugen durchaus für sinnvoll – als Hybridsystem in Kombination mit Batterien.

Letzteres sei erforderlich, weil Brennstoffzellen nicht in der Lage seien, Energie rasch abzugeben. Deshalb könne die Brennstoffzelle die Energie für Langstrecken liefern, die für Leistungsspitzen – etwa beim Beschleunigen – müsse aus den Batterien kommen. „Das würde neue Antriebskonzepte mit höherer Reichweite ermöglichen.“