„Gibt es einen Grund,den Koalitionsvertrag wieder aufzumachen?Auf keinen Fall.“

Die SPD hat ihren Vorsitz in einem Mammut-Verfahren neu bestimmt. Geworden sind es eine bis dato unbekannte Bundestagsabgeordnete und ein ehemaliger NRW-Finanzminister, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. So weit, so gut. Dass nur gut die Hälfte der SPD-Mitglieder über die neue Spitze überhaupt abstimmte, ist traurig und macht möglicherweise den Verdruss der eigenen Basis mit dem Prozess deutlich.

Gibt es einen Grund, den Koalitionsvertrag wieder aufzumachen? Auf keinen Fall – er sieht Möglichkeiten zur Kurskorrektur vor. So hat man etwa mit dem Klimapaket und dem Ausstieg aus der Kohle bereits Politik an aktuelle Entwicklungen angeglichen. Bei Forderungen der SPD – etwa nach einer Aufgabe der schwarzen Null (keine neuen Schulden), höherem Mindestlohn oder anderen sozialen Wohltaten – muss es aus der Unionsspitze ein klares Nein geben. Egal, mit was die neue SPD-Führung droht.

Warum die SPD sich mit dem Koalitionsvertrag so schwer tut, ist unverständlich. Nicht allein, dass vor anderthalb Jahren eine Mehrheit der Mitglieder (bei einer Wahlbeteiligung von 78 Prozent!) für die Vereinbarung gestimmt haben. Die SPD setzte vieles durch: Soli-Abbau für die Mitte, aber nicht für die Gutverdiener, paritätische Finanzierung der Krankenversicherung, das Kita-Gesetz - um nur einige zu nennen. Und auch die Forderung nach Aufgabe der schwarzen Null leuchtet nicht ein. Denn Geld ist derzeit genug vorhanden, vielmehr hakt es bei der konkreten Umsetzung.

Die Union sollte Forderungen nicht nachgeben, die ihren Kern weiter aushöhlen. Sondern schnell ihre Optionen ausloten und zumindest hinter den Kulissen nicht nur prüfen, wie man die neue SPD-Spitze beruhigen kann. Sondern schon mal in den Wahlkampfmodus schalten. Warum keine Minderheitsregierung, zumindest übergangsweise?