Die Erfolgsströmung kann schnell abreißen. Das war bei den Wahlen im Osten zu beobachten.

Fast 100 Prozent. Heißt die Grünen-Chefin jetzt Annalena Baerbock-Schulz? Der frühere SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz erlebte 2017, wie schnell es von 100 auf null wieder abwärtsgehen kann. Noch nie in 25 Jahren hat die Ökopartei einer Vorsitzenden ein so phänomenales Ergebnis bereitet. Auch mehr als 90 Prozent für Robert Habeck sind nicht von schlechten Eltern, können aber eben schnell zur Last werden.

Die Grünen lieben ihre Doppelspitze. Dabei war ihnen Personenkult immer suspekt. Ebenso demonstrative Geschlossenheit. Das ist vorbei.

Auf dem Bielefelder Parteitag wurde nur bei Enteignungen oder CO2-Preisen leidenschaftlich gestritten. Ansonsten blieb es in Ostwestfalen, wo die Grünen 1999 unter Polizeischutz über Krieg und Frieden im Kosovo rangen und der damalige Außenminister Joschka Fischer mit einem Farbbeutel traktiert wurde, verdächtig ruhig. Man kann das langweilig finden. Oder schlau. Die Sozialdemokraten suchen seit einem halben Jahr Vorsitzende und schon viel länger nach alter Größe. Bei der CDU sieht es kaum besser aus. Warum sollten da die Grünen ihre vorhandenen inhaltlichen Schwächen auf offener Bühne zeigen?

Noch hält die Thermik die Klima-Klientelpartei auf der 20-Prozent-Umfragewolke. Aber die Erfolgsströmung kann schnell abreißen. Das war bei den Wahlen im Osten zu beobachten. In den Universitätsstädten wurden sie bejubelt. Auf dem Land zeigte man den Grünen die kalte, rechte Schulter. Viele haben Angst vor rasanten Veränderungen. Oder können es sich schlicht nicht leisten, wenn Preise für Benzin, Diesel und Heizöl von heute auf morgen durch die Decke gehen. Wie die Grünen diesen Spagat hinbekommen wollen, darauf haben Baerbock und Habeck in Bielefeld keine überzeugenden Antworten gegeben.