Gifhorn. Lahmt die Konjunktur, bekommt das auch das Gastgewerbe zu spüren. Zudem drücken altbekannte Probleme die Stimmung in der Branche.

Schwache Wirtschaftsprognosen, große Handelskonflikte und Brexit-Chaos - das niedersächsische Gastgewerbe fordert angesichts der schwächelnden Konjunktur neue Regeln für die Arbeitszeit und einen Bürokratieabbau. Schlechtere Geschäfte in der Wirtschaft sorgten ohne große Verzögerung auch für eine Bremsspur in der Branche, sagte Rainer Balke vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Niedersachsen der Deutschen Presse-Agentur. Beim Landesverbandstag am Montag und Dienstag will der Dehoga daher eine Flexibilisierung von Arbeitszeit und den Abbau überbordender Bürokratie beraten.

Rund 250 Dehoga-Delegierte in Gifhorn

Rund 250 Delegierte des Branchenverbandes kommen dafür in Gifhorn zusammen. Eine schwächelnde Wirtschaft bekommt die Branche laut Balke zu spüren, wenn Familien- und Geschäftsfeiern zurückgefahren oder etwa geplante Kurzurlaube nicht realisiert werden. „Auch der vor der Tür stehende Brexit ist geeignet, die niedersächsische Wirtschaft zu beeinträchtigen“, sagte Balke.

Neben der wirtschaftlichen Unsicherheit für viele Betriebe will der Dehoga den Blick auf zwei große Probleme richten: Den Fachkräftemängel und die Dokumentationspflichten. „Trotz des Arbeitskräfteproblems erlauben wir uns in Deutschland ein Arbeitszeitrecht, das aus dem letzten Jahrhundert stammt und durch industrielle Produktionsprozesse dominiert wurde“, sagte Balke. Globalisierung und Digitalisierungen brächten aber extreme Veränderungen. „Mit einem starren Acht-Stunden-Arbeitstag, der im Ausnahmefall mal zehn Stunden betragen darf, ist in solchen Zeiten kein Start zu machen“, kritisierte der Dehoga-Geschäftsführer.

Kritik an Regelungen zur Arbeitszeit

Auch das Wirtschaftsministerium in Hannover meint, dass Arbeitszeitregelungen grundsätzlich weiterentwickelt werden sollten, wenn sie den Anforderungen einer immer mehr digitalisierten Welt nicht mehr gerecht würden. „Im aktuellen Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gibt es allerdings bereits Öffnungsklauseln, die eine Abweichung von den Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten durch tarifvertragliche Regelungen zulassen“, betonte eine Ministeriumssprecherin auf dpa-Anfrage.

Überbordende Bürokratie als zentrales Branchenproblem führt laut Dehoga zu einem echten Überlebenskampf. Viele Betriebe geben demnach auf, weil sie den Nachweispflichten nicht mehr her werden. „Der Chef arbeitet heute in der Gastronomie viel weniger am Gast, als dass er im Back-Office Büroarbeit verrichtet“, berichtete Balke. „Weniger Zettelkram für den Hotelier, mehr Komfort für den Gast.“

Viele Lasten beruhen auf Bundesgesetzen

Das Ministerium in Hannover will diese Entwicklung mit der errichteten Stabsstelle Bürokratieabbau in den Blick nehmen. Die Sprecherin betonte aber: „Gerade im Bereich der Gastronomie und des Beherbergungsgewerbes beruhen viele der als bürokratisch empfundene Lasten auf bundesgesetzlichen Regelungen.“

„Politik, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände müssen sich Gedanken über ein zeitgemäßes Arbeitszeitrecht machen“, forderte Geschäftsführer Balke vor der Dehoga-Versammlung. Die Liste der problematischen Themen lässt sich aus Branchensicht noch um Hygienebarometer, Internetpranger und Gebühren auf Lebensmittelkontrollen erweitern. Nach aktuellsten Dehoga-Zahlen für Niedersachsen arbeiteten 2017 rund 185 000 Beschäftige in der Branche. dpa