„Das Ibiza-Erdbeben hat der FPÖ eine Klatsche beschert. Kurz hat davon profitiert.“

Allen politischen Turbulenzen zum Trotz: Die konservative ÖVP von Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat bei den Parlamentswahlen einen erneuten Triumph eingefahren. Dahinter steckt in erster Linie ein Vertrauensbeweis für den früheren Regierungschef. Das Ibiza-Erdbeben hat der rechtspopulistischen FPÖ – dem ehemaligen Koalitionspartner – eine Klatsche beschert. Kurz hat davon profitiert.

Für viele Österreicher ist Kurz ein Stabilitätsanker in schwieriger Zeit. Mit 33 Jahren zehrt er immer noch vom Nimbus des jugendlichen Senkrechtstarters. Andererseits gibt er sich ruhig, wirkt gelegentlich fast altklug. Er strahlt die Routine eines erfahrenen Polit-Profis aus.

Dass die FPÖ abgewatscht wurde, hat sie ihrem früheren Chef Heinz-Christian Strache zu verdanken. Das im Mai veröffentlichte Ibiza-Video entlarvte ihn als korruptionsanfälligen Partei-Boss, der einer angeblichen russischen Oligarchen-Nichte Regierungsaufträge gegen Gefälligkeiten in Aussicht stellte. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Untreue.

Trotz dieser Affären und Skandale würde Kurz wohl am liebsten wieder mit der FPÖ regieren. Doch die Freiheitlichen wurden derart abgestraft, dass die Partei für Kurz zur Belastung würde. Rein rechnerisch wäre – wenngleich mit einer knappen Mehrheit – auch ein Tandem aus ÖVP und Grünen denkbar. Die Grünen, die 2017 noch an der Vier-Prozent-Hürde gescheitert waren, haben enorm zugelegt. Vor allem der große Zuspruch durch klimabesorgte Jungwähler hat der Partei einen enormen Schub verpasst.

Die Grünen gehen mit Rückenwind in die anstehenden Koalitionsgespräche. Doch eine offenere Zuwanderungspolitik ist mit Kurz ebenso schwer zu machen wie die Einführung einer von den Grünen gewünschten Öko-Steuer. Kurz steht vor einer Zwickmühle.