Braunschweig. Kunden nehmen Bewertungen ernst. Wegen angeblich falscher Angaben zu Wartezeiten klagt ein Wirt gegen Google.

Früher war es nur die Mund-zu-Mund-Propaganda, über die Gäste Restaurants und Hotels weiterempfahlen – oder von ihnen abrieten. Heute haben diese Ratschläge durch das Internet deutlich mehr Schlagkraft: Die Kunden können von einer teils großen Zahl von Bewertungen profitieren, manche Restaurants und Hotels wurden bereits tausendfach rezensiert. Google Maps etwa gibt auch Stoß- und Wartezeiten an. Doch die Angaben im Netz bergen auch Risiken, sowohl für die Unternehmer als auch die Verbraucher.

Ein Wirt aus Bayern sorgt zurzeit für Aufregung: Peter Hubert vom Herzoglichen Bräustüberl Tegernsee ist vor Gericht gezogen – gegen Google. Denn seiner Meinung nach zeigt der Internetriese zu lange Wartezeiten an, die Kunden abschrecken. Für das Wochenende gibt Google auch mal 90 Minuten an, bis Gäste einen Platz bekommen. Der Praxistest am Donnerstagmittag zeigt: Als nur rund die Hälfte der 1500 Plätze besetzt sind, meldet Google bis zu eine Viertelstunde Wartezeit. Eine Stunde später sollen Gäste bis zu 30 Minuten warten müssen. Unrealistisch, sagt Hubert. Um zu dokumentieren, dass die Angaben falsch sind, machte er Screenshots der Google-Angaben und parallel Fotos mit freien Tischen. Im August will nun das Landgericht München verhandeln. Zuvor hatte der Wirt nach eigenen Angaben zwei Jahre lang eine gütliche Einigung versucht.

Hoteliers aus unserer Region ärgern sich über „Schmähkritik“

Das Bräustüberl sei kein Einzelfall, sagt Frank-Ulrich John vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga in Bayern. „Beim Wirt haben sich auf die Berichterstattung rund 20 bis 30 weitere Unternehmer quer durch alle Branchen gemeldet, denen es ähnlich ergeht.“ Vermutlich sei die Zahl der Betroffenen noch viel höher. Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband reagierte: „Der Dehoga-Bundesverband wird sich im Interesse seiner Mitglieder der Sache annehmen und das Zustandekommen und die Quellen der Informationen, die Google veröffentlicht, hinterfragen.“ Google erklärte: „Die geschätzten Wartezeiten basieren auf anonymen Daten von Personen, die in der Vergangenheit das betreffende Restaurant besucht haben, ähnlich wie bei den Funktionen Stoßzeiten und Besuchsdauer.“ Unternehmen könnten aber über einen Link Feedback geben. Und: „Wir werden den Fall außerdem untersuchen, um Google Maps weiter zu verbessern.“ Beim Bräustüberl ist die Angabe inzwischen verschwunden.

Der Geschäftsführer des Dehoga-Bezirksverbands Land Braunschweig-Harz, Mark Krack, kann es aus Kundensicht gut nachvollziehen, dass die Daten angegeben werden. Die Gastronomie lebe davon, dass sie an ihrer Leistung gemessen werde – wer unternehmerisch tätig werde, müsse sich dem stellen. Außerdem würden die Unternehmen durch die Angaben im Internet auch bekannter. Allerdings sei nicht klar, wie die Google-Daten zustande kommen.

Beschwerden zu den Zeitangaben haben Krack von Restaurant- und Hotelbetreibern unserer Region bislang nicht erreicht, doch auch sie haben manchmal Probleme mit Angaben im Internet. Vor allem Hoteliers ärgern sich laut Krack, wenn sich Kunden online beschweren – teils in Form von „Schmähkritik“ –, ohne vor Ort Kontakt aufgenommen zu haben, zum Beispiel bei einer kaputten Lampe. So hätten die Unternehmer keine Chance gehabt, Abhilfe zu schaffen, erläutert Krack.

Eine schlechte Online-Bewertung sei nachhaltig. „Das schmerzt, weil das Internet eine große Streubreite hat.“ Meinungen oder Grundsätzliches wie die Sauberkeit eines Hotels stehen für den Dehoga-Geschäftsführer dabei aber nicht zur Debatte. In Streitfällen versucht der Verband zwischen Unternehmer und Online-Portal zu vermitteln.

Verbraucherzentrale rät, sich über mehrere Kanäle zu informieren

Verbraucher nehmen die Bewertungen im Internet sehr ernst, wie Tiana Preuschoff festgestellt hat, Juristin bei der Verbraucherzentrale in Braunschweig. Kunden kommen zu den Verbraucherschützern, wenn sie unzufrieden waren – „obwohl ein Betrieb online gute Bewertungen hatte“, vor allem auf Reiseportalen. Preuschoff rät, kritisch zu sein und sich über mehrere Kanäle zu informieren – auch, weil Bewertungen im Netz teilweise gefälscht sind.

Grundsätzlich seien die Online-Bewertungen ein gutes Instrument, weil sie für mehr Transparenz sorgten. Allerdings werde diese durch schwarze Schafe verwässert. Preuschoff empfiehlt, seine eigenen Erfahrungen zu teilen, und zwar ganz sachlich.

Wer bei der Online-Bewertung über die Stränge schlägt, kann im schlimmsten Fall verklagt werden. Einzelne Energieversorger reagierten laut Preuschoff bereits mit Unterlassungserklärungen und einstweiligen Verfügungen. Die Verbraucherschützerin hat einen einfachen Tipp: „Bei der Wahrheit bleiben.“