Braunschweig. Nicht nur Daimler steckt in der Krise. Das trifft auch die Zulieferer.

Der bayrische Automobilzulieferer Schaeffler hat Anfang Juli verkündet, sein Werk in Hamm an das eigene Management verkaufen zu wollen. Der Zulieferer Autotest will einen Standort in Eisenach schließen. Wolf-Henning Scheider, Chef des Zulieferers ZF, räumte kürzlich ebenfalls ein: „Wir merken den Abschwung“, wie das „Handelsblatt“ berichtete. „Die sieben fetten Jahre der Autoindustrie sind vorbei. Das wirkt sich voll auf die Zulieferer aus“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Auto-Instituts der Fachhochschule in Bergisch Gladbach.

Die Produktion der deutschen Autobauer sei 2018 um neun Prozent zurück gegangen, im zweiten Quartal dieses Jahres sei der Rückgang mit 13,4 Prozent schon zweistellig geworden. „Der Hauptgrund dafür sind die Transformationsthemen wie Digitalisierung, E-Mobilität und autonomes Fahren“, erklärt Bratzel. Nach der Finanzkrise 2008 sei es für die Branche steil bergauf gegangen. 2011 hätten die Autohersteller weltweit zusammengenommen einen Gewinn von rund 60 Milliarden Euro erwirtschaftet, 2017 seien es mehr als 100 Milliarden Euro gewesen. Aber der Handelskonflikt zwischen den USA und China und die allgemein zurückgehende Konjunktur setzten der Branche nun zu. Die Industrie sei ferner gezwungen, ihr Geld in Forschung und Entwicklung zu investieren, um die Transformationsthemen voranzubringen. „Die Gewinne daraus, wenn überhaupt, werden erst in der Zukunft an die Unternehmen zurückfließen“, sagt Bratzel.

Bei dem süddeutschen Automobilbauer Daimler kommen außerdem Rückstellungen für die Dieselkrise hinzu. Der neue Daimler-Chef Ola Källenius musste am Freitag zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen die Ziele für das laufende Geschäftsjahr nach unten korrigieren. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) werde deutlich unter den gut elf Milliarden Euro des Vorjahres liegen, warnte der Oberklasse-Autobauer.

Schon Ende Juni hatte Daimler die Erwartungen gedrosselt, weil Rückrufe von Diesel-Autos und andere behördliche Maßnahmen in Deutschland fast eine Milliarde Euro mehr kosten als gedacht. Statt eines leichten operativen Gewinnzuwachses sei nur noch ein stagnierendes Ergebnis drin. Nun kostet der Diesel-Ärger nochmal 1,6 Milliarden Euro mehr. Es gehe um „laufende behördliche und gerichtliche Verfahren und Maßnahmen in verschiedenen Regionen“, erklärte Daimler am Freitag. In Amerika laufen Untersuchungen, weil Mercedes-Diesel mehr Stickoxid ausstoßen als erlaubt. Dabei geht es auch um den Verdacht, dass Daimler die Abgasreinigung illegal manipuliert hat.

Autoanalyst Arndt Ellinghorst vom Investmentberater Evercore geht für das laufende Geschäftsjahr nur noch von 6,5 Milliarden Euro Vorsteuergewinn aus. „Daimler hat sich in eine schwierige Lage manövriert“, sagt Ellinghorst. Der Konzern führt allein 3,1 Milliarden Euro Sonderbelastungen auf, die ihm im abgelaufenen zweiten Quartal einen Verlust von 1,6 Milliarden Euro einbrocken (Vorjahr: Gewinn 2,6 Milliarden). Dazu kommen Anlaufschwierigkeiten bei neuen Modellen und die schwächelnden Automärkte.

Bratzel sagt, vor zwei Jahren hätte der Autobauer die Belastungen aus der Abgas-Affäre noch deutlich besser verkraftet als jetzt, in Zeiten des konjunkturellen Abschwungs. Auch das werden wohl die Zulieferer zu spüren bekommen.