Braunschweig. Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich auf einen Abschluss geeinigt. Er gilt für rund 700 Beschäftigte in unserer Region.

Der Durchbruch gelang in der fünften Verhandlungsrunde: Arbeitgeber und Gewerkschaft haben sich in der Nacht zu Donnerstag nach mehr als 15 Stunden Verhandlung auf einen Tarifabschluss geeinigt. Demnach bekommen die bundesweit rund 200.000 Mitarbeiter privater und öffentlicher Banken insgesamt vier Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von 29 Monaten. Zusätzlich erhalten sie den Anspruch auf Arbeitsbefreiung bei Vorsorgeuntersuchungen sowie auf ein jährliches Qualifizierungsgespräch. Beide Tarifparteien wollen außerdem künftig über eine Modernisierung der Verbandstarifverträge verhandeln. In unserer Region sind rund 700 Menschen vom Tarifergebnis betroffen.

Der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes teilte mit, der Tarifabschluss liege an der Belastungsgrenze, berücksichtige aber die schwierige Branchenlage. Der Tarifverhandlungsführer der Arbeitgeber, Karl von Rohr, sagte: „Mit dem Gehaltsabschluss sichern wir die Realeinkommen der Beschäftigten und schaffen langfristige Planungssicherheit für unsere Unternehmen.“ Laut dem Verhandlungsführer der Gewerkschaft Verdi, Christoph Meister, stellt das ausgehandelte Gesamtpaket eine „deutliche Verbesserung“ gegenüber dem letzten Angebot der Arbeitgeber dar. Sebastian Wertmüller, Verdi-Geschäftsführer für die Region Südost-Niedersachsen, sagte unserer Zeitung: „Das Ergebnis löst keine Begeisterungsstürme aus. Aber die Bankenbranche steckt auch in einer nicht ganz einfachen Situation.“

Verdi hatte in den Verhandlungen sechs Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von nur zwölf Monaten, eine Steigerung der Ausbildungsvergütung in Höhe von 100 Euro sowie „Entlastungstage“ gefordert. Die Arbeitgeberseite hatte zuletzt 4,1 mehr Lohn bei einer Laufzeit von 36 Monaten geboten. Das entsprach einer durchschnittlichen Gehaltserhöhung von 1,16 Prozent pro Jahr. Mit dem jetzt ausgehandelten Vertrag liegt die durchschnittliche Erhöhung bei 1,66 Prozent je Jahr. Wie der Braunschweiger Verdi-Sekretär Moritz Braukmüller erklärte, kommen die Beschäftigten damit knapp an die für dieses Jahr vorhergesagte Inflationsrate zwischen 1,5 und 1,7 Prozent heran.

Die Lohnerhöhung soll in zwei Stufen à 2 Prozent zum September dieses Jahres und zum November kommenden Jahres erfolgen. Auszubildende bekommen laut Verdi 60 Euro mehr Geld pro Monat. Für sie soll außerdem über einen eigenständigen Tarifvertrag verhandelt werden. Mit den vereinbarten Qualifizierungsgesprächen geht auch das Angebot einer Weiterbildung an die Mitarbeiter einher sofern dies vom Budget des einzelnen Geldinstituts gedeckt ist. Damit reagieren die Tarifparteien laut Arbeitgeberverband auf den digitalen Wandel der Branche. Die durchgesetzte Arbeitsbefreiung bei Vorsorgeuntersuchungen wertet Verdi als eine Vorstufe der ursprünglich geforderten „Entlastungstage“. „Auf diesem Ergebnis wollen wir in der nächsten Tarifrunde aufbauen“, sagte Braukmüller. Die sogenannten Entlastungstage sollen den Beschäftigten eine Wahl zwischen Freizeit und Geld ermöglichen.

Arbeitgeber und Gewerkschaft wollen im Anschluss an die Tarifrunde über eine Modernisierung der Verbandstarifverträge verhandeln. Diese sieht unter anderem ein neues, laut Arbeitgeberverband „zeitgemäßes“ Tarif-Entgeltsystem vor. Das System soll die inzwischen zahlreichen übertariflich bezahlten Mitarbeiter – zum Beispiel IT-Spezialisten – in die Tarifordnung bringen. Bisher umfasst diese neun Entgeltgruppen.

Laut Verdi-Sekretär Braukmüller sorgt eine neue Eingruppierungsrichtlinie zum einen für mehr Transparenz beim Entgelt in der Bankenbranche. Zum anderen stärke sie die Mitgliederbasis der Gewerkschaft. Braukmüller, der auch die Warnstreiks der Beschäftigten in unserer Region organisiert hatte, betonte, dass die hohe Streikbeteiligung – bundesweit gingen 12. 000 beschäftigte auf die Straße – zwar zum Tarifabschluss in der fünften Runde beigetragen hatte. „Für ein besseres Ergebnis brauchen wir aber mehr Mitglieder“, sagte er.

Digitalisierung, Niedrig-Zins und regulatorische Vorgaben machen den Banken zu schaffen. Bei der Deutschen Bank stehen weltweit ein Fünftel der Stellen auf der Kippe – 20.000 Arbeitsplätze. Die Norddeutsche Landesbank aus Hannover will ihren Mitarbeiterstamm bis 2024 um knapp die Hälfte schrumpfen. Angesichts dieser Lage rangen die Tarifparteien so ausdauernd wie lange nicht mehr um einen Abschluss, laut Verdi rund 45 Stunden insgesamt. Auch die Arbeitgeberseite sagte, die Verhandlungen seien lange und besonders schwierig gewesen. Der Abschluss gilt nun bis Juni 2021.