Hannover. Managerinnen aus technischen Unternehmen machen auf der Ideen-Expo Schülerinnen Mut, ihnen zu folgen.

Ihre Ausbildung zur Tischlerin kann Lara Bensch sehr empfehlen, wie sie sagt. „Man bekommt viel Selbstbewusstsein und wird stärker“, berichtet sie den Schülerinnen sichtlich begeistert. Die 20-Jährige ist im zweiten Lehrjahr, später will sie vielleicht studieren. Privat baut sie sich zurzeit ein Bett – dafür brauche sie nun nicht mehr ihren Vater. Inzwischen sei es einfacher als Frau in dem männerdominierten Beruf. In ihrem Betrieb – Faltin in Amelinghausen im Kreis Lüneburg – würden Frauen sehr gut aufgenommen.

Die Schülerinnen zögern trotzdem noch, bis sie Holzstücke in die Hand nehmen. Pia Gliemroth greift schließlich zu Säge und Schleifpapier. Die 17-Jährige hat keine Berührungsängste – ihr Vater ist ausgebildeter Tischler und baut zuhause viel, ihr Bruder ist ebenfalls Handwerker. Der Elftklässlerin aus Uetze macht es Spaß, mit den Händen zu arbeiten: „Ich könnte nicht acht Stunden im Büro sitzen.“ Welchen Beruf sie erlernen will, weiß sie aber noch nicht. „Ich lasse mich überraschen, was nach dem Abitur kommt.“

So schien es den meisten der 35 Schülerinnen zu gehen, die auf der Ideen-Expo an dem Rundgang extra für Frauen teilnahmen. Die Messe in Hannover soll junge Menschen für Naturwissenschaften und Technik begeistern. Wegen des zunehmenden Fachkräftemangels will die Wirtschaft auch mehr Mädchen und Frauen für sogenannte Mint-Berufe gewinnen, kurz für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Am Dienstag brachten deshalb Ideen-Expo, niedersächsische Staatskanzlei, Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitgeberverband Niedersachsen-Metall die Schülerinnen mit sieben Managerinnen zusammen, die im Mint-Bereich arbeiten. „Vorbilder sind mit das Wichtigste“, begründete Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer von Niedersachsen-Metall.

Berufswahl entscheidet auch übers Gehalt

„Jede soll machen, woran ihr Herz hängt“, betonte Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann (SPD). Die promovierte Biotechnologin bedauerte jedoch, dass sich viele Schülerinnen für traditionelle Frauenberufe entschieden. Diese Entscheidung habe auch ökonomische Konsequenzen, warnte Reimann: Die Berufswahl sei ein Hauptgrund, warum Frauen im Durchschnitt weniger verdienen. Von vielen höre sie, dass Frauen mit Menschen arbeiten wollen. „In den Naturwissenschaften kann man viel für Menschen machen“, erklärte die Ministerin, zum Bespiel Gliedmaßen ersetzen. Es gebe dort extrem viele Möglichkeiten, die Welt ein bisschen lebenswerter zu machen.

Bärbel Höltzen-Schoh, Chefin der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Arbeitsagentur, ermunterte die 16- bis 18-Jährigen, mutig zu sein, Dinge auszuprobieren – und auch Fehler zu machen. Berufliche Lebenswege endeten häufig nicht, womit sie begonnen haben.

Aline Henke zum Beispiel, Geschäftsführerin der Hankensbütteler Kunststoffverarbeitung im Kreis Gifhorn, dachte immer, sie fange nie im Unternehmen ihres Vaters an, wie sie erzählte. Eigentlich wollte sie Grafikdesignerin werden, machte schließlich eine Ausbildung zur Industriekauffrau und begann ihre Karriere im Vertrieb. Heute leitet sie das Familienunternehmen, das vor allem die Autoindustrie mit Kunststoffteilen versorgt.

Das Eine seien die Schubladen, die jungen Frauen begegnen – das Andere, ob sie sich reinstecken lassen, stellte Henke klar. So würden sich Frauen etwa meist nur bewerben, wenn sie 85 Prozent einer Stellenausschreibung erfüllen, Männer hingegen bei 50 Prozent. „Man muss schon sagen, was man will“, riet Henke. Heute müsse sich keine Frau mehr verstecken: „Es gibt keine Grenzen.“ Inzwischen schätzten zudem viele Männer gemischte Teams mit unterschiedlichen Charakteren.

Geschäftsführerin warnt vor zu langen Familienpausen

Die Geschäftsführerin warnte, Frauen könnten in manchen Berufen schnell den Anschluss verlieren, wenn sie zwei Jahre pausieren. „Eine der größten Gleichstellungsmöglichkeiten ist die Elternzeit für Männer“, warb Henke. Ihr Mann arbeitet in Teilzeit und kümmert sich um die gemeinsame Tochter. Mehrere der Schülerinnen machen sich schon jetzt Gedanken, wie sie Beruf und Familie unter einen Hut bekommen. Dieses Limit müssten Frauen nicht akzeptieren, findet Henke. Aber: „Jeder muss seinen Weg finden.“

Nicole Schindler, Leiterin der Servicebetriebe AN der Salzgitter Flachstahl, kletterte nach ihrer einjährigen Baby-Pause sogar eine Karrierestufe nach oben, wie sie berichtete. Denn als sie fehlte, habe ihr Chef gemerkt, was sie alles leistete. Junge Frauen dürften sich allerdings nicht darauf verlassen, dass jemand ihre Fähigkeiten erkennt und sie fördert. „Ihr müsst euch zeigen!“

An die Geschlechterverhältnisse in der Stahlbranche habe sie nicht viele Gedanken verschwendet, so Schindler. „Vielleicht haben es die Männer deshalb als normal empfunden, dass ich mitmische.“