Braunschweig. Die VW-Tochter Seat gründete Cupra und startet damit eine strategische Neuausrichtung.

Die deutsche Automobilindustrie, gebeutelt von Dieselbetrug, Abgasreduzierung und ehrgeizigen Klimazielen, erlebt unruhige Zeiten. E-Mobilität, IT-Revolution und autonomes Fahren beherrschen die öffentliche Meinung. Aber Fakt bleibt: Das Tagesgeschäft wird mit herkömmlichen Modellen gemacht, speziell mit SUV-Typen, deren Neuwagen-Anteil auf den Weltmärkten teilweise bei fast 50 Prozent liegt. Doch nicht allein SUVs sind Publikumslieblinge, ebenso sportliche Varianten und reinrassige Sportwagen.

In diesem höherpreisigen und renditeträchtigen Segment wird Geld verdient, das den allgemeinen Wohlstand nährt. Das sollten die Auto-Gegner, Fahrradfahrer und Roller-Treter nicht vergessen. Denn für Benziner – auch Diesel oder Hybride – wird es parallel zu den Elektromobilen, die in absehbarer Zeit speziell im Nahverkehr 20 Prozent erreichen können, noch über Jahrzehnte hinweg Kunden geben.

Vor diesem Hintergrund gründete Seat Ende 2018 ohne großes Aufsehen eine ganz neue Marke, die nicht mal das Seat-Emblem am Bug trägt. Der Name: Cupra.

Vorstandschef nimmt Seat aus der Schusslinie

Cupra ist ein aus dem Motorsport stammendes Initialwort, das eigentlich für Cup-Racing steht und von Seat auch schon im Racing- und Rallye-Bereich verwendet wurde. Inzwischen ist Cupra eine selbstständige Automobil-Marke. Angesiedelt in Martorell bei Barcelona. Zielrichtung: Lifestyle-orientierte und sportliche Kunden.

Damit schlug die spanische VW-Tochter weitgehend unbemerkt eine interessante strategische Richtung ein. Vorstandsvorsitzender Luca de Meo (52) nimmt damit die Firma Seat, die ja ebenfalls dem Mobilitätswandel künftig Rechnung tragen muss, ein Stück weit aus der öffentlichen Schusslinie. Und zwar für den Fall, dass Kritiker auch weiterhin SUV-Varianten und PS-starke Boliden attackieren. Mit der zweiten Marke Cupra will sich Seat unbehelligt den Klassikern der Branche widmen, nämlich kernigen SUV-Versionen, PS-starken Sportwagen, und gleichzeitig spezielle Motorsport-Engagements weiterführen. Wer will, der kann diesen Seat-Schachzug als eine Art Pilotprojekt für andere Marken des VW-Konzerns sehen. Für Volkswagen, für Skoda und sogar für Audi.

Auf Seat lastete die Diktatur-Vergangenheit

Schon 1998 hatte der damalige VW-Chef Ferdinand Piëch aus Seat eine hochemotionale, sportliche, „mediterrane“ Marke formen wollen, die Alfa Romeo Konkurrenz machen sollte. Dafür wurde extra der ehemalige Alfa-Romeo-Designer Walter de Silva verpflichtet. Aber die Vision klappte nicht so recht. Das hatte Gründe. Seat ist nun mal eine aus der Diktator-Franco-Ära stammende Staats-Marke – ebenso wie es Trabant in der DDR gewesen ist. Solch ein Image ist nicht ganz einfach aufzupolieren und stellt eine gewisse Last dar.

Der erste Cupra ist – wie es dem starken Nachfrage-Trend entspricht – ein SUV mit dem Namen Cupra Ateca. Er ist sehr attraktiv gestylt – fast ein wenig an den Porsche Macan erinnernd –, er ist top ausgestattet und erstklassig verarbeitet. Dieser Cupra Ateca ist ein fünfsitziger Geländewagen mit Allradantrieb und einem Zwei-Liter-Turbomotor (300 PS/221 kW). Die Preise beginnen bei 42.000 Euro.

Längst lässt Seat-Chef de Meo seine Neuschöpfung richtig Gas geben. Cupras konkurrieren im Tourenwagen-Weltcup (WTCR), und neben dem vor kurzem präsentierten Ateca werden gleich drei potente Neuheiten angekündigt: der SUV Terramar, der SUV Formentor und der Sportwagen Cupra-Leon.