Braunschweig. Rund 300 Angestellte legten die Arbeit nieder. Weitere Warnstreiks sollen folgen.

Warnstreik in Banken in unserer Region

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    Im Tarifstreit für die rund 200.000 Beschäftigten der privaten und öffentlichen Banken in Deutschland haben am Dienstag in unserer Region rund 300 Mitarbeiter die Arbeit niedergelegt. Zahlreiche Filialen mussten nach Angaben von Verdi deshalb geschlossen bleiben: 25 Filialen der Braunschweigischen Landessparkasse (BLSK) sowie die Commerzbank in Braunschweig und Wolfsburg. Auch die Deutsche Bank wurde bestreikt.

    Die Streikenden zogen durch die Braunschweiger Innenstadt, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Gewerkschaft hatte an mehreren Standorten in Niedersachsen und Bremen zum Streik aufgerufen. In Hannover zählte sie 500 Teilnehmer, in Bremen etwa 150. Am Montag treffen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur vierten Verhandlungsrunde. Bislang bieten die Arbeitgeber insgesamt 3,4 Prozent mehr Gehalt in drei Stufen bei einer Laufzeit von 36 Monaten. Verdi hingegen fordert unter anderem 6 Prozent mehr bei einer Laufzeit von 12 Monaten.

    Außerdem verlangen die Arbeitnehmervertreter, dass das Gehaltsplus auch in Freizeit umgewandelt werden kann, sowie sechs zusätzliche freie Tage zur Erholung. Die Angestellten seien bereit, sich voll einzusetzen und an ihre Grenzen zu gehen; dafür sei aber ein Ausgleich nötig, berichtete Gabriele Platscher, Verdi-Mitglied der Verhandlungskommission. Die Betriebsratsvorsitzende der Deutschen Bank Region Niedersachsen Ost, die auch im Aufsichtsrat der Deutschen Bank sitzt, verwies auf die hohen Ausgaben der Rentenversicherung aufgrund psychischer Belastungen.

    Sparkassen-Mitarbeiter bangen um ihre Standorte

    Nana Geisler, Personalratsvorsitzende der Nord-LB in Braunschweig, forderte „endlich einen Plan für das Geschäftsmodell“ der Landesbank, zu der die BLSK gehört. Klar sei nur, dass bei der Nord-LB mehr Stellen als bislang geplant abgebaut werden sollen. „Wie soll das gehen?“ Die Landesbank war wegen fauler Schiffskredite in Schieflage geraten und muss deshalb schrumpfen, auch personell. Oberstes Ziel sei, betriebsbedingte Kündigungen zu verhindern, sagte Geisler. Die BLSK-Mitarbeiter fürchten, dass nicht alle Standorte erhalten bleiben, wie die Arbeitnehmervertreterin berichtete. „Wir wollen eine Standortsicherung“, forderte Geisler. Bereits mehr als ein halbes Jahr litten die Beschäftigten unter der Unsicherheit.

    Ihr zufolge sorgen sich die Mitarbeiter allerdings auch vor einer Ausgliederung der BLSK aus der Nord-LB. Denn die Arbeitgeber könnten einen Betriebsübergang nutzen, um die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Ergänzend zum Mantel- und Gehaltstarifvertrag trommeln die Arbeitnehmer deshalb für einen Haustarifvertrag der Nord-LB, der die Arbeitsbedingungen absichern soll.

    In unserer Region sind rund 700 Bankangestellte von den Tarifverhandlungen betroffen. Für die nächsten Tage rief Verdi am Dienstag zu weiteren Warnstreiks und Aktionen auf, vor allem in Niedersachsen, dem Saarland, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Vor der dritten Verhandlungsrunde hätten bereits viele tausend Bankbeschäftigte im gesamten Bundesgebiet gestreikt.

    Arbeitgeber lehnen mehr Freizeit ab

    Der Hauptgeschäftsführer des AGV Banken, Carsten Rogge-Strang, zeigte am Dienstag wenig Verständnis für die Arbeitsniederlegungen. Verdi habe einen historisch umfangreiches Forderungspaket vorgelegt und sich noch keinen Millimeter bewegt, sagte er unserer Zeitung. „Wir erwarten, dass Verdi nun ein Entgegenkommen signalisiert und das Paket deutlich verschlankt.“ Die Gehaltsforderung sei weit von einer Höhe entfernt, die sich die Branche leisten könne. Die Banken ächzen seit Jahren unter dem Niedrigzins, der Digitalisierung und zunehmender Regulierung.

    Die Forderung nach zusätzlichen sechs freien Tagen könnten die Arbeitgeber überhaupt nicht nachvollziehen, so Rogge-Strang. Die Gesundheit der Mitarbeiter habe sich nach eigenen Erhebungen in den vergangenen Jahren eher verbessert. Die Branche habe einen der niedrigsten Krankenstände – „und zwar nicht, weil sich die Leute krank zur Arbeit schleppen“. Eine Umwandlung von Gehalt in Freizeit sei bereits möglich, allerdings nur, wenn die Betriebsparteien dazu Vereinbarungen schließen. Ein individuelles Wahlrecht würde laut dem Arbeitgeberverband zu Kapazitätsproblemen und gegebenenfalls Arbeitsverdichtung führen.

    Platscher empörte sich dagegen, dass die Arbeitgeber erst in der dritten Verhandlungsrunde ein Angebot vorgelegt und zuvor nur gefordert hätten, das Forderungspaket zu verkleinern. „Das hatten wir noch nie.“ Der Beruf müsse wieder attraktiver werden, etwa durch das geforderte Vergütungsplus von 100 Euro für Lehrlinge. Die Zahl der Bewerber sei deutlich gesunken.