Wolfsburg. VW hat die Gehaltskürzungen bei insgesamt 15 Betriebsräten aufgehoben. Hintergrund waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Anderthalb Jahre lang wurden Teile des Gehalts von insgesamt 15 langjährigen VW-Betriebsräten, darunter der Vorsitzende Bernd Osterloh, vorsorglich einbehalten. Ab sofort zahlt der Autobauer ihnen nun wieder den vollen beziehungsweise teilweise einen etwas niedrigeren Lohn, wie unsere Zeitung erfuhr. Auch Osterloh wird künftig etwas weniger verdienen. Der Autobauer zahlt zudem die Differenzbeträge für die vergangenen anderthalb Jahre zurück.

Grund für die Kürzungen waren strafrechtliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig im Zusammenhang mit möglicherweise überhöhten Betriebsrats-Vergütungen. Hiltrud Werner, VW-Vorständin für Integrität und Recht, teilte am Freitagabend mit: „Den Betroffenen danke ich für ihre Geduld, mit der sie die belastende Lage und die vorläufigen Zurückstufungen bis zum nun gefundenen Ergebnis toleriert haben.“

Osterloh verdiente bis zu 750.000 Euro

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte im Frühjahr 2017 ein Ermittlungsverfahren gegen die zwei ehemaligen Konzern-Personalvorstände Karlheinz Blessing und Horst Neumann sowie den jetzigen Personalchef der Marke VW, Martin Rosik, und seinen Vorgänger Jochen Schumm eingeleitet: wegen des Anfangsverdachts der Untreue. Die Manager stehen im Verdacht, Betriebsratschef Osterloh ein zu hohes Gehalt genehmigt zu haben. Osterloh verdiente, wie er damals unserer Zeitung berichtete, ein Grundgehalt von rund 200.000 Euro zuzüglich Bonuszahlungen. In der Spitze erreichte sein Gehalt inklusive Boni 750.000 Euro.

Für das vergangene Geschäftsjahr 2018 wird Osterloh eine niedrigere Gesamtvergütung erhalten, wie unsere Zeitung aus Betriebsratskreisen erfuhr. Sie soll sich aber deutlich im sechsstelligen Bereich bewegen. Aufgrund der 2017 eingeleiteten Ermittlungen – die offenbar wegen einer Anzeige aus Niedersachsen gestartet wurden – kürzte Volkswagen Ende des gleichen Jahres die Gehälter von 15 der damals 262 Betriebsräte. Diese bezogen vor der Kürzung übertarifliche Einkommen auf Management-Niveau. Osterloh etwa bezog bis dahin ein Gehalt vergleichbar mit dem eines Bereichsleiters.

Osterlohs Vergütung „ausdrücklich nicht unzulässig“

Geregelt ist die Vergütung von Betriebsräten im Betriebsverfassungsgesetz – dieses lässt aber Fragen offen. Wie Volkswagen mitteilte, waren die Gehälter der Betriebsräte in der Vergangenheit bereits mehrmals von Experten geprüft und für rechtskonform befunden worden. Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft veranlasste VW jedoch dazu, sich weitere Rechtssicherheit mithilfe von Schiedsverfahren einzuholen: Zwei ehemalige Vorsitzende Richter des Bundesarbeitsgerichts sichteten und bewerteten darin laut VW „alle vergütungsrelevanten Informationen“ und führten außerdem „mit den Beteiligten ausführliche persönliche Gespräche zur Einordnung des Sachverhalts“.

Sie kamen nach Informationen unserer Zeitung zu folgendem Ergebnis: Nach Ansicht der Schiedsrichter hätte die Vergütung für einige der betroffenen Betriebsräte auch höher ausfallen können. Für Osterloh sei die Vergütung in Höhe eines Bereichsleiters „ausdrücklich“ nicht unzulässig. Für die Mehrheit der Arbeitnehmervertreter bleibt das Gehalt im Vergleich zu den Zahlungen vor der Kürzung gleich, in einigen Fällen soll das Gehalt „überschaubar“ angepasst worden sein, sprich nach unten korrigiert. So soll die Vergütung selbst bei einer sehr kritischen Auslegung der Regeln zulässig bleiben.

Osterloh ist mit sich im Reinen

Betriebsratschef Osterloh sagte bei Bekanntwerden der Ermittlungen unserer Zeitung, er sei mit sich „im Reinen“ und wäre ferner nicht mehr Betriebsratschef, wenn es ihm um das Geld gegangen wäre. Hintergrund ist, dass Osterloh 2015 der Personalvorstands-Posten angeboten wurde. Ein freigestellter Betriebsrat soll laut Gesetz so viel verdienen, wie er verdienen würde, wenn er sich nicht für eine Betriebsrats-Karriere entschieden, sondern auf Unternehmensseite weitergearbeitet hätte.

Die Schiedsrichter berücksichtigten das wohl auch bei ihrer Bewertung, wollten die Angebote zum Wechsel an die Unternehmensspitze aber nicht für die Vergütungsfindung heranziehen. Im Anschluss an die Schiedsverfahren hatten Osterloh und die 14 anderen Betriebsratsmitglieder vor dem Arbeitsgericht Braunschweig gegen die vorsorglichen Kürzungen geklagt. Auf Basis der Ergebnisse des Schiedsverfahrens einigten sich der Autobauer und die Arbeitnehmervertreter nun auf einen Vergleich, der die Rückkehr zum regulären Gehalt oder dessen Anpassung vorsieht sowie die Rückzahlung des einbehalten Teils.

Ob die Staatsanwaltschaft Braunschweig ihre Ermittlungen bereits abgeschlossen hat, blieb zunächst unklar. Sprecher der Behörde waren am Freitagabend nicht zu erreichen.

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