Braunschweig. Die Gründung der EU hat den Unternehmen in der Region starkes Wachstum ermöglicht. Auch der Arbeitsmarkt profitiert vom Staatenbund.

Autos, Züge, Stahl und Elektronik haben eines gemeinsam: Sie sind die wichtigsten Exportgüter unserer Region. Eine Vielzahl an Unternehmen sind zwischen Wolfsburg, Braunschweig und Salzgitter ansässig, allen voran die sogenannten Big Five, namentlich Volkswagen, MAN Truck & Bus, die Salzgitter AG, Robert Bosch Elektronik und Alstom Transport Deutschland. Sie alle haben von der Gründung der Europäischen Union und dem darauf folgenden zollfreien Binnenmarkt profitiert.

„Das hat es uns ermöglicht, in ganz Europa und auch auf globaler Ebene zu fairen Bedingungen zu konkurrieren“, teilt etwa Alstom auf Anfrage unserer Zeitung mit. Mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge im Jahr 1957 wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft beschlossen – der Vorläufer der späteren Europäischen Union.

Bereits sechs Jahre zuvor hatten Deutschland, Frankreich, Italien und die Benelux-Staaten die Zölle auf den gegenseitigen Handel mit Kohle und Stahl abgeschafft. Für den Stahlkonzern Salzgitter AG ein Segen: „Damit hat vor allem der administrative Aufwand abgenommen“, berichtet ein Unternehmenssprecher.

Auch für den Volkswagen-Konzern wurde erst mit Gründung der Europäischen Union der Weg geebnet, zu dem Weltkonzern zu werden, der er heute ist. „Bereits 1950 hat VW ein Drittel seiner Fahrzeuge in 18 vorwiegend europäische Staaten ausgeführt. Der internationale Warenverkehr wurde allerdings während dieser Zeit vorwiegend auf der Grundlage bilateraler Vereinbarungen abgewickelt. Dadurch konnte in manche europäische Länder nicht exportiert werden“, berichtet ein VW-Sprecher.

Heute sieht das ganz anders aus: 2,7 Millionen Fahrzeuge lieferte der Wolfsburger Autobauer vergangenes Jahr an andere EU-Staaten aus. Von den insgesamt 235 Milliarden Euro Umsatz, die VW 2018 gemacht hat, wurde mit Abstand der größte Teil durch Verkäufe nach Spanien, Großbritannien, Frankreich oder Italien erwirtschaftet. Besonders beliebt sind bei den Europäern laut Unternehmensangaben die Modelle Polo, Golf und Tiguan der VW-Marke.

Wie wichtig die Unternehmen für unsere Region sind, unterstreichen ebenfalls die Zahlen von Alstom Transport: Allein vom Produktionsstandort Salzgitter aus – einer der größten Produktionsstandorte des französischen Zugherstellers – verkauft das Unternehmen 16 Prozent seiner Regionalzüge und mehr als ein Viertel seiner gefertigten Drehgestelle.

Auch Bosch erwirtschaftet 61 Prozent seines Umsatzes mit dem Unternehmenszweig „Mobility Solutions“, an dem die Standorte Braunschweig und Salzgitter maßgeblichen Anteil haben. Etwa 40 Milliarden Euro, und damit mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes, setze man durch Verkäufe in europäische Staaten um, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Bei der Salzgitter AG mit ihrem Stahl- und Spezialmaschinenexport sind es 2,2 Milliarden Euro – und damit fast ein Viertel des Gesamtumsatzes.

Die Gründung der Europäischen Union hat jedoch nicht nur den hiesigen Unternehmen zu Wachstum und wirtschaftlicher Stabilität verholfen – profitiert haben auch die Arbeitnehmer. EU-Bürger dürfen laut europäischem Gesetz in einem anderen Mitgliedsstaat als ihrem Heimatland arbeiten und haben das Recht, genauso wie die dort lebenden Staatsbürger behandelt zu werden.

Viele Menschen nehmen dieses Angebot wahr, wie aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen: Insgesamt 16.514 Bürger anderer EU-Länder gehen in den Städten und Landkreisen Braunschweig, Wolfsburg, Salzgitter, Peine, Wolfenbüttel, Helmstedt und Gifhorn derzeit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Das entspricht einem Anteil von 3,86 Prozent am Gesamtarbeitsmarkt. Mit Abstand die meisten von ihnen stammen aus Polen und Italien.