Braunschweig. Die Beratungsstelle für mobil Beschäftigte registriert zum Teil eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Beschwerden gehen am häufigsten wegen nicht gezahlter Löhne ein.

Henning Kuhls, Spargelbauer aus Neubokel im Kreis Gifhorn, kann sich nicht erinnern, wann der letzte deutsche Erntehelfer bei ihm Spargel gestochen hat. „Das ist so lange her“, sagt Kuhls. Er beschäftigt in der Spargelsaison rund 80 Mitarbeiter, 60 Prozent von ihnen seien Rumänen, der Rest komme aus Polen. Doch immer weniger Polen seien inzwischen bereit, nach Deutschland zum Spargelstechen zu fahren. Fred Eickhorst, Geschäftsführer der Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer, weiß auch warum: Die Konkurrenz anderer Sparten sei gewachsen. Menschen aus Polen und Rumänien würden auch in den Bereichen Gastronomie, Pflege oder Bau gesucht und eingestellt. Zum anderen hätten sich die Bedingungen in den Herkunftsländern, vor allem in Polen, verbessert. Er betont allerdings: „Wir haben kein Problem, in diesem Jahr den Spargel gestochen zu bekommen.“

Ihm zufolge sorgt der Wettbewerb um Erntehelfer unter den Spargelbauern dafür, dass sich die Arbeitsbedingungen für die Arbeitskräfte verbessern. „Früher waren Unterbringung, Bezahlung und Arbeitsbedingungen sicher nicht immer überall in Ordnung“, sagt er. Inzwischen müssten die Spargelbauern aber Mindestlohn zahlen und zahlten zusätzlich Prämien aus, zum Beispiel für die Menge des gestochenen Spargels. Ein Erntehelfer, der volle acht Wochen arbeite, könne zwischen 4000 und 6000 Euro mit nach Hause nehmen. Allerdings würden davon zum Teil noch einige Hundert Euro für Kost, Logis und Transport abgezogen – je nach Handhabung des Spargelbauern.

Boxsäcke für die Erntehelfer

Der Spargelhof von Paul Schofer in Vordorf, Kreis Gifhorn, beschäftigt in der Saison bis zu 60 Erntehelfer – allesamt aus Polen. Sie wohnen in der Zeit in Zwei-Bett-Zimmern in Containern auf dem Hof, dafür zahlen sie laut Schofer jeweils eine Pauschale von rund 150 Euro pro Monat. Für ihr Essen kommen sie ebenfalls selbst auf, hin und wieder gibt es aber gemeinsame Essen auf Kosten des „Eickenhofer Spargelreichs“, wie Schofer berichtet. Die An- und Abreise organisierten und zahlten die Erntehelfer auch selbst. Manche kämen mit dem eigenen Auto, andere mit dem Bus oder Zug. „Wie jeder andere Arbeitnehmer mieten sie einen Wohnraum und zahlen Essen und Trinken selbst“, sagt der Verbandsvorstand Eickhorst. „Das ist das Normalste der Welt.“

Schofer versucht, seinen Erntehelfern in ihrer Zeit in Deutschland etwas mehr zu bieten. „Wir haben Boxsäcke gekauft, jeder hat einen eigenen Bereich, einmal in der Saison feiern wir zusammen und ab und zu werden sie bekocht“, zählt der 32-Jährige auf. Er selbst habe außerdem etwas Polnisch gelernt. „Das ist ein Standard, der kommen muss“, findet er. Einen Grundstock an Kultur- und Sprachverständnis müsse man haben. „Wir haben schon seit Jahren erkannt, dass nicht nur Geld und Arbeit passen müssen“, sagt er. Die Wiederkehrerquote liegt laut Schofer auf dem Eickenhofer Spargelreich bei 80 Prozent, es gebe wenige Wechsler. „Das spricht für uns“, ist er überzeugt.

Spargelstecher brauchen Technik und Erfahrung

Auf dem Spargelgut Braunschweiger Land in Uehrde im Landkreis Wolfenbüttel kommen alle Erntehelfer ebenfalls aus Polen – 18 an der Zahl. „Ich habe kein Problem, Mitarbeiter zu bekommen“, sagt Hof-Chef Friedrich Heins. Auch er zahlt Prämien. „Die Leute kommen nur wieder, wenn sie zufrieden sind mit dem Geld, der Unterbringung, dem Essen oder wenn man sie zum Arzt fährt“, sagt er. Sein Polnisch sei „leider“ immer noch beschränkt. „Ich will das eigentlich immer ändern.“ Er habe einen großen Respekt davor, was die Menschen leisteten, die bei Wind und Wetter harte körperliche Arbeit verrichteten. „Außerdem braucht man auch Technik und Erfahrung beim Spargelstechen“, sagt er. Auf dem Feld gebe es inzwischen Erntehilfen, die die Arbeit erleichtern würden, zum Beispiel würden die Folien elektrisch angehoben. „Wir brauchen diese Effizienzerhöhung auch wegen des Mindestlohns“, begründet Heins. Einen Deutschen, der aufs Feld geht, findet er trotzdem nicht.

Auf den Spargelhof von Christian Hornig aus Wendezelle im Kreis Peine kommen einige Erntehelfer ebenfalls jede Saison wieder. „Einige seit 20 Jahren“ berichtet er. Hornig beschäftigt sieben Mitarbeiter aus Polen zwischen 30 und 63 Jahren. In unserer Region kommen die meisten Spargelstecher also offenbar, wie die kleine Umfrage unserer Zeitung ergab, aus unserem Nachbarland.

Polnische Erntehelfer verdienen meist mehr als rumänische

Paul Idu, Berater bei der Beratungsstelle für mobil Beschäftigte in Niedersachsen, berichtet, dass Rumänen meist billigere Arbeitskräfte seien als Polen. Trotz Mindestlohn? Ja, sagt er, weil polnische Erntehelfer mehr als den Mindestlohn verdienten, etwa durch Prämien. „Es gibt keine billigeren Helfer mehr, wir sind schon weit im Osten, langsam stößt man an die Grenzen“, sagt er. Es gebe höchstens noch Ukrainer, die für noch weniger Geld arbeiten würden. Die Beratungsstelle registriere jedoch Verbesserungen. So habe sie bei bei einem „Aktionstag Spargel“ in der Region Celle Arbeitsbedingungen von Erntehelfern überprüft. Diese hätten im Vergleich zum Vorjahr eine Kopie ihres Arbeitsvertrags erhalten, außerdem würde ihr Lohn auf ein Konto überwiesen und nicht bar ausgezahlt. Ob der volle Lohn auch ankommt, „wissen wir erst am Ende der Saison“, sagt Idu.

Bei solchen Aktionstagen würden sie mehrsprachige Flyer an die Erntehelfer verteilen. Diese meldeten sich aber kaum wegen schlechten Wohnbedingungen. „Sie beißen die Zähne zusammen, warten auf ihr Geld und bringen es dann in ihre Heimat“, sagt Idu. Die Rumänen seien meist selbst Landwirte und kämen aus ärmlichen Regionen, zum Teil seien sie Analphabeten. Aus Polen kämen Studenten, aber auch Beschäftigte, die sich in ihrem Urlaub etwas hinzuverdienen wollten.

In kurzer Zeit viel Geld verdienen

Beschwerden gingen bei der Beratungsstelle vor allem wegen nicht vollständig ausgezahlten Löhnen ein. „In der letzten Saison waren das schon ein paar Fälle“, sagt Idu. Wie es in dieser Saison laufe, wisse man erst im Juni, wenn die Saison beendet sei. Und wie viel sie verdienten, hänge natürlich auch vom Wetter ab. Die, die herkommen, wollen viel arbeiten und in kurzer Zeit möglichst viel Geld verdienen. Da könnte es ruhig mal wieder wärmer werden, sagt Spargelbauer Hornig. Und, wie ein anderer Landwirt sagt: „Zum Spazierengehen sind sie ja nicht hergekommen.“

Wir haben schon seit Jahren erkannt, dass nicht nur Geld und Arbeit passen müssen.
Paul Schofer,