Braunschweig. . Banken dürfen Geschäftskunden frei wählen. Hilfsvereine können auf der Strecke bleiben.

Die Commerzbank hat abgelehnt, ein Geschäftskonto zu eröffnen, mit dem unser Verein Geld in den Nordirak
überweisen möchte.

Das berichtet Udo Stolte von „Shelter Now“

Dazu recherchierte Christina Lohner

Seit knapp drei Jahren haben Verbraucher einen Rechtsanspruch auf ein Girokonto, das sogenannte Basiskonto. Bei Geschäftskunden sind Banken allerdings nicht verpflichtet, ein Konto zu eröffnen. In manchen Fällen scheuen sie die damit verbundenen Risiken – das kann auch Entwicklungshilfe erschweren.

Udo Stolte, Vorstandsvorsitzender des Braunschweiger Hilfsvereins „Shelter Now“, ärgert sich. Um Geld in das Kurdengebiet Nordirak zu überweisen, wo der Verein Flüchtlinge unterstützt, wollte er ein Geschäftskonto bei der Commerzbank eröffnen. Die war ihm nach eigenen Angaben von seiner Hausbank empfohlen worden, weil sie direkten Kontakt in den Nordirak pflege. Doch die Commerzbank lehnte ab – laut Stolte ohne Begründung. Das Institut habe nur auf seine Vertragsfreiheit verwiesen. So steht es auch in einem Brief des Beschwerdemanagements der Bank. Darin bedauert das Institut Stoltes „Unmut“. Aber: „Wir bitten um Verständnis, dass jede Kontoeröffnung einer Einzelfallprüfung unterliegt.“

Ein Sprecher der Bank wies gegenüber unserer Zeitung ebenfalls darauf hin, dass diese nicht verpflichtet sei, einen Vertrag abzuschließen. Zu Einzelfällen äußere sich die Bank nicht. Auch der Bundesverband deutscher Banken, der die private Finanzwirtschaft vertritt, wollte den Einzelfall nicht kommentieren. Grundsätzlich seien Geschäftskonten im Interesse der Geldhäuser, stellte Martina Küster klar, Expertin für Unternehmensfinanzierung beim Bankenverband. „Banken wollen natürlich Geschäfte machen.“

„Risiken für Banken sind gestiegen“

Doch in den vergangenen Jahren sind die Risiken dabei so gestiegen, dass sich manche Geschäfte nicht mehr lohnen, wie Hans-Peter Burghof erklärt, Leiter des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen der Universität Hohenheim. So müssten die Banken wegen der Geldwäsche-Richtlinie ihre Kunden genau kennen und sicherstellen, dass Geld nicht aus kriminellen Machenschaften stammt. Das sei riskant, aufwändig und teuer. Hinzu kommen politische Risiken, wie Embargos der USA. Verbietet ein Land den Handel mit einem bestimmten Staat, kann dies hohe Strafzahlungen nach sich ziehen. Burghof hat Verständnis, dass Banken diese Risiken nicht eingehen wollen.

Die Kehrseite, die der Professor bedauert: Wenn sich Banken scheuen, Geld in bestimmten Länder zu transferieren, werde deren Entwicklungsmöglichkeit erschwert. „Den Schuh muss sich die Politik anziehen“, findet Burghof. „Das sind die Kosten der Regulierung.“ Auch umgekehrt hätten es Geschäftsleute aus Ländern, in denen etwa Korruption an der Tagesordnung ist, schwer, Geld nach Deutschland zu überweisen. „Wirtschaftliche Aktivitäten werden dadurch eingeschränkt, obwohl sie sich entwickeln sollten.“ Stolte betont, dass „Shelter Now“ Träger des DZI-Spenden-Siegels sei. „Da wird genau geguckt, wie das Geld verwendet wird.“

Will eine Bank einen Geschäftskunden nicht, kann sie auch die Gebühren so stark erhöhen, dass der Kunde das Interesse verliert, wie Burghof berichtet. Wer sich mit einer Ablehnung als Kunde nicht zufriedengeben will, sollte sich an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) wenden. Das empfiehlt Angelika Jackwerth, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht in Göttingen.

Privatkunden müssen die Banken annehmen

Das gilt auch für Privatkunden. Die können sich jedoch aussuchen, bei welcher Bank sie ein Girokonto eröffnen, wie Rotraud Mahlo erklärt, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Für gute Konditionen sei allerdings oft ein regelmäßiges Einkommen von beispielsweise 1200 Euro Voraussetzung. Die Verbraucherschützerin empfiehlt deshalb, vorher verschiedene Angebote zu vergleichen, etwa mithilfe eines Vergleichsportals oder der Stiftung Warentest. Über die Gebühren für die wichtigsten Dienstleistungen müssten die Banken kostenfrei informieren, zum Beispiel für die Bargeldauszahlung.

Seit der Einführung des Basiskontos, das jedem zusteht, der in der EU wohnt oder arbeitet – etwa auch Obdachlosen – erreichen die Verbraucherzentralen laut Mahlo kaum noch Beschwerden, weil Kunden abgelehnt wurden. Ein Basiskonto dürften Banken auch nur in Ausnahmefällen kündigen; zum Beispiel wenn der Verbraucher mit dem Kontoentgelt mehr als drei Monate im Rückstand ist, Straftaten wie Kreditbetrug begangen hat oder die Bankmitarbeiter beleidigt.