Wolfsburg. Der Geschäftsführer der Neuen Halberg-Guss droht mit der Schließung des Standorts Saarbrücken.

Seit 21 Tagen bestreiken die Belegschaften des Autozulieferers Neue Halberg-Guss (NHG) in Leipzig und in Saarbrücken die Werke. Ihnen droht die Schließung eines Werks sowie Stellenabbau. Wegen des Streiks können Motorblöcke an die Kunden aus der Autoindustrie, darunter Volkswagen und Opel, nicht mehr ausgeliefert werden. Die Absage eines Runden Tisches sowie Äußerungen des NHG-Geschäftsführeres Alexander Gerstung gießen nun neues Öl ins Feuer.

Am Mittwoch sollte nach Angaben des Autozulieferers ein Runder Tisch zur Zukunft der Standorte Leipzig und Saarbrücken stattfinden. Mehrere wichtige Kunden aus der Autoindustrie hätten ihr Kommen zugesagt, behauptete die Gießerei. Volkswagen allerdings hat zum Runden Tisch keine Einladung erhalten, heißt es aus Konzernkreisen. Die Neue Halberg-Guss gehört seit Januar dieses Jahres zur Prevent-Gruppe – jener Zulieferer-Gruppe, die 2016 mit einem Lieferstopp die Bänder bei Volkswagen stilllegte und sich mit dem Wolfsburger Autobauer immer wieder erbittert um Lieferkonditionen gestritten hat. VW verwies auf Anfrage auf ein Statement von Ende Juni. Demnach gebe es durch die Streiks „erste Beeinträchtigungen“ der Produktion, die jedoch über „Flexibilisierungsmaßnahmen“ aufgefangen würden. „Unsere Fahrzeugproduktion läuft aktuell weiter“, heißt es.

Derweil hat die IG Metall die Teilnahme am gestrigen Runden Tisch abgesagt. Sie erklärte, dass sie weiterhin einen offiziellen Termin für eine Tarifverhandlung erwarte. Die Gewerkschaft verlangt eine höhere Abfindung und eine Qualifizierungsgesellschaft. „Wir befinden uns nicht im Bereich einer Schlichtung, wir reden nicht über Mediation“, betonte der Leipziger IG-Metall-Sprecher Bernd Kruppa. Es müsse formell verhandelt werden, dafür sei ein Runder Tisch nicht der Ort. Barbaros Arslan, Geschäftsführer der NHG, warf der IG Metall „Boykott“ vor. Sie habe sich mehrmals geweigert an den Verhandlungstisch zurückzukehren und habe „unmittelbar die Eskalation zum Nachteil des Standorts“ gesucht. Der regionalen Gewerkschaft warf er „persönliche Profilierung“ als Motiv des Konfrontationskurses vor.

In Leipzig plant die Neue Halberg-Guss das Werk mit seinen 650 Stammbeschäftigten und 150 Leiharbeitern Ende 2019 zu schließen. In Saarbrücken sollen 300 der 1500 Arbeitsplätze abgebaut werden. Am Firmensitz in Saarbrücken könnte laut dem Zulieferer bis Ende 2019 allerdings auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werden. Voraussetzung dafür sei, dass die Streiks an beiden Standorten aufhörten und die Kunden keine weiteren Bestellungen strichen. In einem Interview mit der „Bild“ in Leipzig droht Alexander Gerstung, ebenfalls Geschäftsführer bei der NHG, andernfalls mit der vorzeitigen „Liquidation“ des Standorts Leipzig: „Es liegt an ihnen, ob sie jetzt wieder arbeiten gehen [...] oder ob wir vorher liquidieren müssen.“ Außerdem könnten auch in Saarbrücken durch fortgesetzte Streiks größere Streichungen oder gar das Aus drohen. Die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) nannte das gegenüber der „Saarbrücker Zeitung“ einen Kampf mit „sehr harten Bandagen“. Die Politik werde eine Schließung des Standorts in Saarbrücken nicht zulassen.

An der Schließung des Leipzig-Standorts gibt Gerstung in der „Bild“ indirekt Volkswagen die Schuld: „Die Werkschließung Ende 2019 ist in Stein gemeißelt – schon durch unseren Kunden VW“, sagt er. Das Argument ist nicht neu: Weil VW seine Lieferaufträge zurückfahre, müssten Arbeitsplätze abgebaut werden. Dass die VW-Tochter Scania in Schweden allerdings eine eigene Gießerei aufbaut – und damit weniger Komponenten des Zulieferers abnimmt – war schon vor der Übernahme der NHG durch die Prevent-Gruppe bekannt. Nach Angaben der NHG habe Volkswagen jedoch zusätzlich bereits zugesagte Abnahmemengen nach unten korrigiert, weshalb der Zulieferer die Preise angehoben habe – in Einzelfällen um das Fünffache. Es kursieren allerdings auch Medienberichte über Preisanhebungen, die noch deutlich darüber liegen. Die Halberg-Guss stellt vor allem Motorblöcke und Antriebswellen her, die Volkswagen nicht so leicht von einem anderen Zulieferer bekommt. Die Abhängigkeit ist also groß.

Die Verhandlungen mit der IG Metall sind nach Angaben des Zulieferers bisher vor allem an zwei Punkten gescheitert: So sei die von der IG Metall geforderte Abfindung von 3,5 Monatsgehältern für jedes Jahr Betriebszugehörigkeit zu hoch. Außerdem wolle die Gewerkschaft eine finanzielle Absicherung für alle Beschäftigten, also auch für jene, die weiterbeschäftigt würden. Das sei für das Unternehmen finanziell nicht zu leisten. Die IG Metall Wolfsburg erklärte sich bereits mit den Beschäftigten aus Leipzig und Saarbrücken solidarisch und will den Arbeitskampf weiter unterstützen. Hartwig Erb, Erster Bevollmächtigter der Gewerkschaft, sagte: „letzlich geht es da um die Prevent-Gruppe, das geht uns in Wolfsburg auch etwas an.“