VW-Kunden können einen Neuwagen in der Autostadt in Zukunft womöglich nicht nur abholen, sondern dort auch ein Auto direkt kaufen.

. Nach Angaben des Händler-Verbands „Volkswagen und Audi Partnerverband“ plant VW in Wolfsburg den Einstieg in den Direktverkauf. Die Händler wehren sich dagegen. „Das ist mit uns nicht zu machen“, sagte Verbandschef Dirk Weddigen von Knapp. „Wir lehnen es rundweg ab, dass der Hersteller uns dieses Volumen einfach so

wegnimmt.“

Der Streit zwischen dem Verband – der nach eigenen Angaben 2400 deutsche Handels- und Servicepartner der Marken VW PKW, Audi und VW-Nutzfahrzeuge vertritt – gärt bereits seit einem Jahr. Grund sind die laufenden Verhandlungen über neue Verträge, die ab April 2020 gelten sollen; VW will unter anderem sein Händlernetz straffen. Nächste Woche steht eine weitere Verhandlungsrunde zwischen dem Verband und der Marke VW an.

Die Autostadt und die Marke VW hielten sich am Freitag bedeckt. Die Vertragsverhandlungen für die Kernmarke seien sehr weit fortgeschritten und stünden kurz vor dem Abschluss, erklärte ein Sprecher. Der Direktvertrieb sei einer der „ganz wenigen offenen Punkte“. Schon laut dem noch laufenden Vertrag sei der Direktvertrieb durch den Hersteller möglich. „Wir sind daher zuversichtlich, dass wir uns hier einigen werden.“ Weddigen von Knapp hält dagegen, bei der Gründung der Autostadt habe VW zugesagt, „nie in den Direktvertrieb“ einzusteigen.

Nach Informationen unserer Zeitung würde VW in Wolfsburg gern 12 000 Fahrzeuge pro Jahr selbst verkaufen. Gerade für lokale Autohäuser könnte das massive Einbußen bedeuten. Händler aus unserer Region wollten sich am Freitag nicht dazu äußern. Hintergrund der angespannten Vertragsverhandlungen ist der Umbruch in der Autoindustrie, vor allem durch die Digitalisierung. So sollen in Zukunft zum Beispiel einzelne Leistungen online buchbar sein, wofür der Kunde nicht mehr extra in die Werkstatt muss. Einige Händler sehen sich in ihrer Existenz bedroht.

Immerhin hat sich die Verhandlungsatmosphäre und das -Tempo unter dem neuen Konzernchef Herbert Diess verbessert, wie aus informierten Kreisen zu hören ist. Für die Marke VW seien inzwischen 85 Prozent der Vertragsinhalte abgeschlossen. Bei Audi und den Nutzfahrzeugen sei man aber noch nicht so weit. Bei den ersten Vertragsentwürfen hatte der Händlerverband 532 Änderungswünsche formuliert.

Ob sich die Autohäuser gegen den Direktverkauf der Autostadt wehren können, ist fraglich. Vor einem Jahr hatte deren langjährigen Chef Otto Wachs eine Dreier-Spitze abgelöst, die die Autostadt neu ausrichten soll. Der neue Vorsitzende der Geschäftsführung, Roland Clement, hatte zuvor bei Porsche in Leipzig den Vertrieb verantwortet. Die Autostadt könnte zudem erst der Anfang sein, mithilfe des Internets könnten Autobauer ihre Fahrzeuge künftig immer stärker selbst verkaufen.

Neben dem Direktvertrieb monierte der Händler-Verband unter anderem, dass die VW Financial Services (VW FS) die Boni für verkaufte Dienstleistungen mittelfristig um ein Viertel kürzen wollten. Die Zahl wollte ein Sprecher von VW FS nicht bestätigen. Bisher habe das Unternehmen nur mit den großen Händlern gesprochen. Wenn die Hersteller durch die Digitalisierung immer mehr Dienstleistungen selbst anbieten können, werden die Händler wohl auch hier Abstriche machen müssen. Zudem sollen offenbar Unterschiede bei den Stundensätzen je nach Marke und Region pauschalisiert werden.