Auf der Cebit suchen Aussteller aus unserer Region auch junge Bewerber für ihre IT-Dienstleistungen.

Hannover. Pepper tanzt, Pepper flirtet, Pepper kann sogar Smalltalk. Der Roboter, der nicht nur so groß ist wie ein Kind, sondern auch so große Kulleraugen hat, erklärt außerdem, was die BWS-Consulting-Group anbietet. Deren Dienstleistungen sind allerdings alles andere als niedlich: Die Wolfsburger simulieren unter anderem Hacker-Angriffe.

Für Unternehmen identifizieren die Wolfsburger so Schwachstellen zum Beispiel in deren W-Lan oder Datenbanken. Neben IT-Sicherheit und Datenschutz bietet BWS auch IT-Forensik an. Wurden zum Beispiel Daten gekapert, versuchen die Mitarbeiter herauszufinden, was passiert ist und wie sich digitale Spuren der Täter wiederherstellen lassen. Außerdem helfen die Wolfsburger ihren Kunden, gesetzliche Vorgaben zur IT-Sicherheit umzusetzen. Krankenhäuser etwa müssen sich ab einer bestimmten Patientenzahl zertifizieren lassen, ob sie beispielsweise Patientendaten richtig verschlüsseln. Auf der Cebit in Hannover ist BWS auf der Suche nach neuen Kunden, aber auch nach Mitarbeitern. Auf dem Tablet an seiner Brust zeigt Pepper auch offene Stellen – denn es sei sehr schwierig, Leute zu finden, berichtet Vertriebsleiter Jan Philip Faltin.

Das ist Teil des neuen Konzepts, mit dem sich die IT-Messe seit Dienstag und noch bis Freitag dem breiten Publikum öffnet. Der Festival-Charakter soll besonders junge Menschen anlocken – und damit auch Bewerber. Neben Vorträgen und Diskussionen wabern draußen auf dem Freigelände schon am Vormittag Beats von der Bühne; bei Intel beispielsweise können Besucher surfen; SAP überragt die anderen Aussteller mit einem Riesenrad – von dem es selbstverständlich einen digitalen Zwilling gibt –; und Melitta bietet „Selfie-Kaffee“ mit dem Gesicht des Besuchers. Sogar Jägermeister präsentiert sich deshalb auf der IT-Messe, wenn auch ganz analog mit Likör an der Strand-Bude.

Wegen der Neuausrichtung hat diesmal auch New Yorker einen Stand gemietet. Im Karrierebereich der Messe wirbt das Modeunternehmen als Arbeitgeber für sich. Von den mehr als 1000 Mitarbeitern in Braunschweig arbeiten 160 in der IT-Abteilung. Von der Löwenstadt aus betreut diese die Filialen in 40 Ländern. Die IT-Abteilung bilde die ganze technische Bandbreite ab, betont Andreas Kissling, Abteilungsleiter IT-Projekte. Wie lässt sich zum Beispiel die Logistik optimieren? Zurzeit arbeitet das Team unter anderem an einem Treueprogramm mit Kundenkarte. Und wenn ein Gesetz vorschreibt, dass auf finnischen Kassenbons eine bestimmte Information stehen muss, wird dies in Braunschweig eingerichtet.

VW zeigt auch das erste Modell, das im virtuellen Raum designt wurde.
VW zeigt auch das erste Modell, das im virtuellen Raum designt wurde. © Christina Lohner

Die Aussteller sind optimistisch gespannt, ob das Messe-Konzept aufgeht. VW ist deshalb so groß vertreten wie noch nie auf der Cebit. Sogar eine eigene Bühne für Vorträge und Diskussionen haben die Wolfsburger eingerichtet, wo beispielsweise die Marke Moia vorgestellt wird oder auch mal ein Google-Vertreter gastiert. Zwar stehen auch ein Audi und eine Ducati auf dem Stand, doch in Hannover ist vor allem zu sehen, wie sich der Autobauer zum Mobilitätsdienstleister wandelt. Anhand eines Modells präsentiert VW etwa eine Vision. „Wir wollen zeigen, dass das autonome Fahren nur funktioniert, wenn das Auto selbst fürs Parken oder die Maut bezahlt, aber auch Geld einnehmen kann“, erklärt Nicolai Bartkowiak. In einem fremden Auto könnte ein Fahrgast ein Spiel für die Fahrt buchen – das ihm in Rechnung gestellt werden muss. Verleiht ein Besitzer sein autonomes Auto, könnte er Geld einnehmen. Eine mögliche Bezahltechnik sieht Bartkowiak in der Blockchain, der IT-Spezialist arbeitet im Team für Blockchain-Entwicklungen. Das Auto könnte dann an der Waschstraße in Token zahlen.

Eine andere Entwicklung soll noch in diesem Jahr in Großbritannien starten. Die VW Financial Services arbeiten gemeinsam mit Innogy daran, dass E-Auto-Fahrer nur einen Vertrag fürs Bezahlen an der Ladesäule brauchen. Bisher haben die verschiedenen Anbieter ihre eigenen Bezahlmodelle. Auf dem Messestand sind in diesem Jahr sogar Programmierer bei der Arbeit zu sehen: In Hannover präsentiert VW die Arbeitsweise als Zweier-Team, die der Autobauer in seinem „Digital Lab“ in Berlin erprobt. Eine Halle weiter zeigt der Konzern, dass er auch mit Start-ups zusammenarbeitet. Loadfox etwa agiert als Mitfahrzentrale für Frachten: Die Münchener vermitteln per Algorithmus für kleinere Speditionen leere Kapazitäten und Ladungs-Überhänge, abgestimmt auf etwa die Kühlung der Ware oder Pausenzeiten. Hauptinvestor ist „VW Truck & Bus“.

Ines Pölzl aus Braunschweig präsentiert Technik zur Videoüberwachung für Mittelständler, wie im Hintergrund Wärmebilder.  
Ines Pölzl aus Braunschweig präsentiert Technik zur Videoüberwachung für Mittelständler, wie im Hintergrund Wärmebilder.   © Christina Lohner

Wegen der neuen Lockerheit, die die Cebit erreichen will, ist am Dienstag auch Ines Pölzl nach Hannover gekommen. Die Geschäftsführerin von Convision hat den Eindruck, dass diesmal mehr ausländische Besucher gekommen sind – und weniger Schlipsträger. Ihr Unternehmen richtet sich allerdings nur an Kunden aus Deutschland: Die Braunschweiger statten Mittelständler mit Videoüberwachungstechnik aus. Auf der Messe zeigt das kleine Unternehmen – das zu PCS-Systemtechnik aus München gehört – Kennzeichen-Erkennung für die Zufahrt auf Betriebsgelände sowie Wärmebildkameras.

Die Technische Universität Braunschweig wendet sich auf der IT-Messe hingegen an Forscher. Das Institut für Informationssysteme arbeitet an einer Suchmaschine, die im besten Fall helfen könnte, Krankheiten zu heilen. Mithilfe von maschinellem Lernen können Millionen von Publikationen durchforstet werden. Für die Pharmazie lassen sich auch molekulare Strukturen durchsuchen. Weist zum Beispiel ein chemischer Wirkstoff eine ähnliche Struktur auf wie ein Medikament gegen Tuberkulose, könnte dieser womöglich auch gegen Tuberkulose helfen – bisher ist nur noch niemand darauf gekommen. Solche unbekannten Zusammenhänge soll die Suchmaschine der TU offenlegen. Die automatisierte Literaturrecherche könnte also Leben retten.