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Als alle Gespräche offenbar gescheitert waren, steuerten Polizisten den Roboter vom Typ Andros in das Gebäude, ausgestattet mit Plastiksprengstoff. So töteten die Beamten in Dallas den Heckenschützen Micah Johnson nach zuvor lang andauernden Feuergefechten.

Johnson hatte fünf Polizisten erschossen. Doch nun debattieren Wissenschaftler, Menschenrechtler und Sicherheitsbeamte den Einsatz von Robotern, um Verbrecher zu töten. Das ist umstritten wie Angriffe durch ferngelenkte und bewaffnete Drohnen im Anti-Terror-Kampf.

Manche Experten, aber auch einige aktuelle und frühere Mitarbeiter der Justiz sehen in dem Vorgehen in Dallas daher eine Militarisierung der Polizei in den USA. Das US-Militär setzt seit vielen Jahren Roboter ein.

Modelle wie jetzt in Dallas nutzen Soldaten, um Gebäude oder Gelände von Sprengstoff zu räumen – allerdings gab es laut Experten auch Fälle etwa im Irak, in denen die Roboter von US-Soldaten mit Sprengstoff zum Töten ausgestattet wurden.

Als nun der Angreifer Johnson durch den mit Sprengstoff beladenen Roboter getötet wurde, soll dies zum ersten Mal bei der Polizei vorgekommen sein. In den vergangenen Jahren hatte die Regierung von Präsident Barack Obama jedoch den Verkauf von Rüstungsgütern durch das US-Verteidigungsministerium an die Polizei weniger stark reguliert. Kritiker halten dagegen: Polizeiarbeit sei keine Kriegsführung.

Fachleute wie Ryan Calo von der Stanford Universität sehen kein Problem in dem Einsatz – solange die Polizei das Recht habe, den Täter „im äußersten Notfall“ zu töten, komme es nicht auf die Methode an. Ein Roboter sei ein technisch sicherer Weg und schütze die Beamten. So argumentiert auch der Polizeichef von Dallas.

Andere, wie Rick Nelson vom „Center for Strategic and International Studies“ in Washington, warnen: Je mehr die Polizisten vom Einsatz tödlicher Gewalt etwa durch ferngesteuerte Roboter distanziert würden, desto weniger würden sie die Folgen ihres Handelns spüren – damit fallen die Hemmungen, solche Taktik wie Sprengstoff-Roboter immer häufiger einzusetzen. Übt ein Polizist mehr Gewalt aus, wenn er nicht das eigene Leben riskiert? Nelson sagt: ja. Zudem debattieren die USA, ob Transparenz und Kontrolle für solche Einsätze verschärft werden müssen.

In Deutschland treten ferngesteuerte Roboter vor allem beim Entschärfen von Sprengsätzen in Aktion. André Schulz, Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter , sieht das Vorgehen in Dallas kritisch. „Wir beobachten seit Jahren das Aufrüsten der Zivilgesellschaft und der Sicherheitsbehörden in den USA“, sagte er unserer Zeitung. „Der Zweck heiligt aber selbst im Anti-Terror-Kampf nicht die Mittel und muss rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen.“