Alexander Kohnen
Alexander Kohnen

Mehr Geld für Waffen und Soldaten – die Bundeswehr rüstet sich wie seit Jahren nicht mehr. Das hat mit der Wahrnehmung einer neuen Bedrohungslage zu tun. Seit russische Truppen im März 2014 die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim besetzten und Kämpfe in der Ostukraine ausbrachen, wächst in der Nato die Besorgnis, dass Russlands Präsident Wladimir Putin weiterreichende Pläne verfolgen könnte.

Polen und die baltischen Staaten fühlen sich bedroht. Auch in Deutschland denken die Militärplaner um. Die Bundeswehr konzentriert sich wieder mehr auf die Abwehrstrategie, die im Kalten Krieg vorherrschend war: die Landesverteidigung.

Strategiewandel

Nach den Anschlägen auf New York und Washington am 11. September 2001 wurde Krieg gegen den Terror geführt. Die damalige rot-grüne Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) schickte die Bundeswehr im Rahmen eines internationalen Einsatzes nach Afghanistan. Zeitweise waren dort mehr als 10?000 deutsche Soldaten stationiert. Der einstige Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) erklärte, die Sicherheit Deutschlands werde „auch am Hindukusch verteidigt.“ Inzwischen verlagern sich die Prioritäten.

Es gibt zwar weiterhin kleinere und größere Bundeswehreinsätze im Ausland – aber Deutschland wird jetzt auch wieder an der Ostgrenze der Nato verteidigt. Das militärische Umdenken spiegelt sich im neuen Weißbuch der Bundesregierung, das die Sicherheitsstrategie Deutschlands für die nächsten Jahre formuliert: Im Entwurf, der noch vor der Sommerpause vom Kabinett verabschiedet werden soll, wird die „stärkere Akzentuierung von Landes- und Bündnisverteidigung“ betont. Russland wird vorgeworfen, „die europäische Friedensordnung offen infrage“ zu stellen.

Das Fazit: „Ohne grundlegende Kursänderung wird Russland somit auf absehbare Zeit eine Herausforderung für die Sicherheit auf unserem Kontinent darstellen.“

Höherer Verteidigungsetat

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will mehr Geld ausgeben, um die Bundeswehr auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten. Die EU-Staaten seien nicht in der Lage, sich gegen die Bedrohungen von außen zu verteidigen.

Länder wie Deutschland, das 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgebe, und die Vereinigten Staaten, die 3,4 Prozent in ihre Streitkräfte investierten, müssten sich annähern, verlangte Merkel. Die Nato-Staaten haben vereinbart, dass die Verteidigungsausgaben jedes Landes bei mindestens 2,0 Prozent des BIP liegen sollen. US-Präsident Barack Obama beklagte sich über europäische „Trittbrettfahrer“, die von dem amerikanischen Schutz profitieren – ohne ihren „fairen Anteil“ zu übernehmen.

Rückkehr zu alten Waffen

Seit dem Fall der Mauer gilt der Panzer als Waffe von gestern. Bullig, behäbig, ungeeignet im Kampf gegen den Terror. In Afghanistan und im Irak spielte dieses Kriegsgerät so gut wie keine Rolle. Doch seit der Annexion der Krim hat rüstungspolitisch ein Umdenken stattgefunden. Es werden Kampfpanzer modernisiert, die ausrangiert werden sollten. Im Bundeshaushalt 2017 ist ein zweistelliger Millionenbetrag für die Modernisierung des „Leopard 2“ veranschlagt. Deutschland und Frankreich arbeiten an der Entwicklung eines neuen Kampfpanzers.

Mehr Soldaten

Vor dem Fall der Mauer umfasste die Bundeswehr 500 000 Mann. Heute hat die Truppe nur etwa 177 000 Soldaten, 3500 davon sind im Ausland stationiert. Zur neuen Strategie gehört eine massive Aufstockung: „Ein Vierteljahrhundert des Schrumpfens der Bundeswehr ist vorbei“, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

„Jetzt ist es Zeit, wieder zu wachsen.“ Die Militärplaner im Bendlerblock sehen einen Bedarf von 14 300 zusätzlichen Soldaten bis zum Jahr 2023. Probleme könnte es bei der Rekrutierung geben. Eine Rückkehr zur Wehrpflicht schließt von der Leyen aber aus.