Berlin (dpa) - Das neue Kabinett von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der rot-grünen Bundesregierung steht. Das sagten SPD-Fraktionschef Franz Müntefering und die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth am Dienstagabend nach der letzten Runde der Koalitionsgespräche in Berlin.

Wie nach Abschluss der Gespräche bekannt wurde, steht die ehemalige bayrische SPD-Vorsitzende und frühere Bundestags- Vizepräsidentin Renate Schmidt vor einer Rückkehr in die Bundespolitik. Sie soll, so hieß es, das Familienministerium übernehmen. Als weiterer Neuling wird die bisherige Innen- Staatssekretärin Brigitte Zypries (SPD) als künftige Justizministerin und Nachfolgerin von Herta Däubler-Gmelin mit am Kabinettstisch sitzen. Der Leipziger Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) soll auf Vorschlag von Schröder das Verkehrs- und Bauministerium übernehmen. Noch am Abend traf er mit Schröder im Kanzleramt zusammen. Ausscheiden wird der bisherige Verkehrsminister Kurt Bodewig (SPD).

Müntefering hatte es nach der gut dreistündigen Koalitionsrunde vermieden, Namen der SPD-Kabinettsmitglieder zu nennen. Der Kanzler wolle die Kabinettsliste an diesem Mittwoch im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages in der Neuen Nationalgalerie bekannt geben. Roth bestätigte, dass die bisherigen Grünen-Minister Joschka Fischer (Außen), Jürgen Trittin (Umwelt) und Renate Künast (Verbraucherschutz) im Amt bleiben werden.

Die bisherige Grünen-Fraktionschefin Kerstin Müller wird nach zuverlässigen Informationen neue Staatsministerin für Europafragen im Außenministerium. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), wird jetzt Integrationsbeauftragte. Bisher war sie dem Arbeitsministerium zugeordnet und wechselt nun als weisungsunabhängige Staatssekretärin in das Familienministerium.

Die Grünen erhalten kein viertes Ministerium. Wie Roth erläuterte, war ihrer Partei eine Stärkung der Kernbereiche wichtiger als ein zusätzlicher Ministerposten. Müntefering bekräftigte, dass die Ressorts Innen, Justiz, Finanzen, Verteidigung, Wirtschaft und Arbeit, Sozialordnung und Gesundheit, Verkehr und Bau, Familien, Frauen, Jugend und Senioren sowie Bildung und Wirtschaftliche Zusammenarbeit weiterhin SPD-geführt werden. Dem Vernehmen nach bleibt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) im Amt und erhält zusätzlich die Zuständigkeit für die Rentenpolitik.

Die SPD-Minister Otto Schily (Innen), Peter Struck (Verteidigung), Hans Eichel (Finanzen) und Edelgard Bulmahn (Bildung) galten als «gesetzt». Schröder hatte in der Mitte der Koalitionsverhandlungen den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement (SPD) als künftigen «Superminister» für die Bereiche Wirtschaft und Arbeit vorgestellt. Fest steht auch schon, dass die parteilose Christina Weiss als neue Kultur-Staatsministerin in das Kanzleramt zieht. Ihre Arbeitsgebiete müssen noch präzisiert werden.

Die Wahl des Kanzlers und die Vereidigung des neuen Kabinetts finden am kommenden Dienstag statt. An diesem Wochenende wollen Parteitage von SPD und Grünen die Koalitionsvereinbarung billigen.